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~*~* Kapitel 9 *~*~
Das Portal

Das Land wurde immer kärger, je weiter sie nach Osten kamen und gegen Abend standen sie am Fuße eines Berges, dessen Gipfel irgendwo in den Wolken verschwand. Sie beschlossen, hier ihr Lager für die Nacht aufzuschlagen und erst am nächsten Tag zu versuchen, einen Aufstieg zu finden.
Bohumil und Orgim wurden für die erste Nachtwache eingeteilt.
Als sich alle anderen schlafen gelegt hatten, erschuf Orgim ein kleines Feuer, damit sie etwas besser sehen konnten.
"Wir hätten den Oger noch gebrauchen können!" meinte der dunkle Zauberer plötzlich.
"Ich weiß."
Sie schwiegen eine Weile, bis sich Orgim wieder zu Wort meldete.
"Das Pergament macht mir Sorgen."
"Inwiefern?"
"Ich hab den Sinn noch nicht ganz verstanden."
Den Rest der Wache sprachen sie nichts mehr und weckten schließlich Hiranhên und Ragnar, die als zweite Schichte eingeteilt waren. Als Orgim sich schlafen legte, erlosch auch das Feuer.
Der Kämpfer hatte beschlossen, seine Axt einmal auszuprobieren und hatte sich zu diesem Zweck zusammen mit Hiranhên etwas vom Lager entfernt, um niemanden zu gefährden. Da Ragnar farbenblind war, musste Hiranhên ihm jedesmal sagen, welche Farbe seine Axt gerade hatte.
"Sie leuchtet ... so ... hellblau oder eisblau."
"Das kenn ich schon, da kommt ein Eiszapfen rausgeschossen."
Die Axt behielt eine Weile diese Farbe, bevor sie grün wurde. Ragnar wandte sich dem Baum zu und ein grüner Tropfen bildete sich an der Spitze, der kurz darauf auf den Baum zuschoss und dort, wo er auftraf und hinunterlief die Rinde weg ätzte.
"Ich glaube, es handelt sich um Säure..." kommentierte Hiranhên.
Nach diesem Schuss erlosch die Axt und Finsternis umgab die beiden. Sie warteten darauf, dass die Axt sich wieder veränderte. Und tatsächlich fing sie nach einiger Zeit langsam wieder an zu glühen, doch man konnte noch keine Farbe ausmachen.
"Ich denke, man muss warten, bis sie sich vollkommen aufgeladen hat", vermutete Hiranhên. Sie lag nicht falsch mit der Vermutung, denn nach einiger zeit leuchtete Ragnars Waffe braun. Er wandte sich wieder dem Baum zu und eine faustgroße Steinkugel schlug kurz darauf ein Loch in das Holz.
"Wenn das Katan sehen würde..." Sie mussten beide kichern.
Nachdem die Axt später gelb leuchtete, geschah nichts so außergewöhnliches. Lediglich eine helle Lichtkugel schoss auf den Baum zu, richtete allerdings keinen Schaden an.
Später umgab ein tiefblaues Glühen die Axt und ein Dampfstrahl kam aus ihr hervor. Obwohl Hiranhên in einigem Abstand stand, merkte sie doch, dass es sehr heißer Dampf war.
Das nächste was geschah, war sehr seltsam: Die Axt schien schwarz zu leuchten. Als Hiranhên einen Blick auf Ragnar warf, bemerkte sie, dass seine Zähne und seine Augäpfel glühten. Der Krieger runzelte die Stirn.
"Was ist? Warum tust du nichts?" fragte die Elfe.
"Geht nich'." Ragnar stampfte zu dem Baum, der schon etwas mitgenommen aussah und schlug wütend hinein. Er spürte, wie die Magie aus seiner Axt wich und kurz darauf wurde das Holz dort, wo er es getroffen hatte, morsch und starb ab.
"Halleluja!" entfuhr es dem Krieger.
"Also, das nenne ich eine Reaktion!" stimmte Hiranhên zu.
"Kennst du diese Gegend hier?" wollte sie nach einer Weile wissen.
"Kennen? Nee!"
Kurz drauf fing die Axt an, schwach weiß zu glühen und das Licht wurde schnell stärker.
"Oh! Schau mal!"
Ragnar richtete die Axt auf den Baum. Ein starker Windstoß, der kurz darauf aus der Axt kam, wehte einige Blätter zu Boden und brach einen kleinen Zweig.
Die nächste Farbe war wieder eisblau. Deswegen winkte Hiranhên auch ab, als Ragnar sie fragend ansah. Sie liefen einmal um das Lager herum, um sich die Beine zu vertreten und wach zu bleiben.
Als die Axt wieder zu leuchten anfing, sah der Krieger sie erneut fragend an.
"Blau", sagte sie nur.
Ragnar lief ein wenig auf und ab und der Elfe fiel auf, dass er sich nicht hinsetzte. Sie musste schmunzeln. "Tut dir dein Gesäß weh?" fragte sie.
"Mh?" Ragnar sah zu ihr hinüber. "Mmh... Bin noch nie so oft geritten..."
Sie nickte verständnisvoll und stand aus Höflichkeit ebenfalls auf. Auch die nächste Farbe war nicht interessant, da es wieder braun war.
Doch dann begann die Axt, grau zu leuchten. "Da! Grau! Das ist was neues!" fuhr Hiranhên auf und kurz darauf wurde der bemitleidenswerte Baum von einer Kugel getroffen, die beim Aufprall ein dumpfes Geräusch verursachte, dass wie *wmmp* klang.
Nachdem die Axt noch einmal grau war, leuchtete sie in einem sehr hellen blau, das dem eisblau ähnlich war, aber heller. Eine Eiskugel flog auf den Baum zu und verwandelte sich beim Aufprall in Schnee.
"Schön", kommentierte die Elfe. "Doch nun lass uns Katan und Xantcha wecken."

In dieser Nacht geschah nichts außergewöhnliches mehr und am nächsten Morgen wurden alle von Chiara geweckt, die zusammen mit Casali die letzte Wache gehabt hatte. - Es war eine sehr schweigsame Wache gewesen, da sich Casali nicht traute, etwas zu sagen und Chiara keine Notwendigkeit sah, dies zu tun.
Kurz vor Sonnenaufgang wurden die anderen geweckt, damit sie frühstücken und bei Sonnenaufgang weiter reiten konnten.
Als Orgim sah, wie Ragnar an dem Ogerfleisch knabberte, dass er sich mitgebracht hatte, trat er neben den Krieger.
"Wifft du au' wa'? Fragte Ragnar mit vollem Mund und hielt ihm sein Stück hin. Der dunkle Magier griff danach und biss ein Stück heraus. Doch das Fleisch hatte noch nicht einmal richtig seinen Magen erreicht, als er einige Schritte fort lief und alles wieder herauswürgte. Ragnar sah ihn kopfschüttelnd an und aß dann weiter. Orgim ging zu seinen Lagerplatz und ließ sich an einen Baum gelehnt auf den Boden sinken. Er fühlte sich unglaublich schwach und spürte immer noch einen leichten Brechreiz in der Magengegend. Als es ihm etwas besser ging, wankte er zu Bohumil und klagte diesem sein Leid.
"Ich hab' sowas gehört, dass hier" - und bei diesen Worten wendete er sich Chiara zu - "jemand erste Hilfe kann."
Die Magierin seufzte und holte einige Kräuter aus ihrer Tasche, die sie Orgim reichte. "Hier, iss die." Er nahm sie dankbar entgegen und verzog sich wieder. Hunger hatte er keinen mehr. Doch er war nicht der einzige, der Chiara um Hilfe bat. "Kannst du Essen schaffen?" fragte Xantcha, die bemerkt hatte, dass sie ihre letzte Nahrungsration schon am Vortag gegessen hatte.
"Nein."
Bohumil hingegen hatte genug dabei und packte sein Essen aus, um ausgiebig zu frühstücken. Hiranhên hatte inzwischen geräuchertes Hirschfleisch und ein paar getrocknete Früchte aus ihrer Tasche hervor geholt. Dies waren keine Vorräte, die ihnen der Herzog gegeben hatte, sondern solche, die sie sich selber mitgenommen hatte. Als Katan und Xantcha dies sahen, gingen sie zu der Elfe und fragten vorsichtig, ob sie etwas abbekommen könnte. Hiranhên teilte sich die Ration für diesen Tag mit den beiden und so war das, was für einen ganzen Tag hätte reichen sollen, schon beim Frühstück verzehrt.
Auch Bohumil teilte sein Essen mit den anderen. Er und die Elfe schienen die einzigen gewesen zu sein, die sich auf einen Ritt durch unfruchtbares Land eingestellt hatten.

Als die Sonne am Himmel stand, waren sie alle bereit zum Aufbruch. Casali wurde wieder hinter Hiranhên aufs Pferd gehoben. Doch schon nach kurzer Zeit wurden sie wieder gestoppt, da der Berg keinen wirklich guten Pfad zu haben schien, auf dem man ihn erklimmen konnte.
"Xantchas Pferd sollte voran gehen. Es wird einen sicheren Weg finden", schlug Hiranhên vor, die sich ein wenig mit Pferden auskannte und schon länger erkannt hatte, dass das Pony am trittsichersten war.
Die anderen waren nicht sofort einverstanden und es kam der Vorschlag auf, einfach um den Berg herum zu reiten. Doch das wurde bald wieder verworfen, da der Berg sich sehr weit erstreckte und der Anfang eines größeren Gebirges zu sein schien.
Schließlich nahm Xantcha ihnen die Entscheidung ab, indem sie entnervt ihr Pferd antrieb und ihm die Zügel etwas lockerer ließ, um ihm zu signalisieren, dass es sich seinen eigenen Weg suchen solle. Kurz darauf folgte auch der Rest der Gruppe.

Als etwa eine und eine halbe Stunde vergangen waren, während der sie ständig den Berg hinauf in südlicher Richtung geritten waren, befanden sie sich vor einer größeren Höhle.
"Lasst uns das angucken!" beschloss Xantcha und ritt auch schon hinein, denn die Höhle schien groß genug für Pferde mit Reiter zu sein.
"Macht mal Licht!" meinte Ragnar zu den Magiern gewandt, als er sah, dass es bald stockdunkel wurde.
Orgim, der sich immer noch nicht ganz wohl fühlte, brachte die Spitze seines Stabes zum Leuchten und ritt neben Xantcha, um den Weg zu beleuchten.
Doch schon bald wurde die Höhle so eng, dass sie gezwungen waren, hintereinander zu reiten. Hinter Orgim, der an der Spitze ritt, folgte Xantcha, ihr hernach ritten Hiranhên und danach Ragnar, dann Katan, Chiara, die ihren Stab ebenfalls als Lampe benutzte, bildete hinter Bohumil das Schlusslicht.
Nach einiger Zeit kamen sie in einen runden größeren Raum, der wie ein Saal anmutete. Im Viereck aufgestellt standen dort vier Statuen mit einem großen Stein auf dem Kopf, der ein Edelstein zu sein schien, in der Mitte befand sich eine Art Podest, zu dem einige Treppenstufen, von vier Seiten her, nach oben führten. Die drei Magier und auch die Elfe spürten, dass Magie in der Luft lag. Der Raum schien beleuchtet zu sein, obwohl nirgends Fackeln oder andere Lichtquellen zu sehen waren, denn Orgims und Chiaras Stäbe leuchteten nicht mehr.
Durch frühere Erlebnisse gewarnt, sah Hiranhên sich aufmerksam nach Fallen oder ähnlichem um. Ragnar war inzwischen abgesessen und ging auf die Statue links neben dem Gang, aus dem sie gekommen waren zu, um sie sich genauer anzusehen. Hiranhên schritt zu der Statue auf der anderen Seite, während Orgim und Chiara durch den Saal schritten und zu den anderen beiden Statuen gingen.
Als sich neben jeder Statue jemand befand, bildete sich plötzlich eine Art Energiestrahl zwischen ihnen und tatsächlich entzogen die Edelsteine den Menschen und der Elfe Energie. Während die anderen nur sehr geschwächt waren und erschrocken zurück sprangen, als der Energieentzug nachließ, brach die Elfe vor Erschöpfung zusammen.
So bekam sie nicht mehr mit, dass sich auf dem Podest ein Portal öffnete, Xantcha zu ihr trat, um nach ihr zu sehen und Narumîr ebenfalls neben ihr stand und besorgt an ihr schnüffelte.
Auch dass Orgim einen Diener erschuf und ihn mit dem Befehl, Bericht zu erstatten, was auf der anderen Seite lag, durch das Portal schickte, geschah ohne ihr Wissen.
Kurze Zeit nachdem er das Portal durchschritten hatte, kam er auch schon zurück und berichtete, dass sich auf der anderen Seite ein ähnlicher Raum befand, der allerdings viereckig war und von dem eine Treppe fortführte. Es schien der Kellerraum einer Burg zu sein, da die Wände nicht aus grobem Fels bestanden, wie es in dem diesseitigen Raum der Fall war.
Xantcha, die ihre Neugier nun nicht mehr zügeln konnte, trat durch das Portal und war verschwunden.
"Kümmere dich um Hiranhên!" sagte Orgim an Bohumil gewandt.
"Muss das sein?"
Die beiden Magier diskutierten ein wenig, da Bohumil der Meinung war, dass die Elfe von selber wieder zu sich kommen würde. Währenddessen sprang Ragnar ebenfalls durch das Portal und folgte Xantcha.
Bohumil gab schließlich nach und verlieh Hiranhên etwas seiner eigenen Stärke, woraufhin diese sich benommen aufrichtete und verwirrt um sich blickt.
"W-w-wie geht's d-dir?"
Die Elfe murmelte etwas Unverständliches und schleppte sich dann zur Wand der Höhle um sich dort anzulehnen, während Bohumil Chiara etwas Stärke verlieh, da auch die Magierin sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten konnte.

Als Xantcha auf der anderen Seite heraus kam, war sie zunächst geblendet von einem hellen Licht, das jedoch bald wieder verschwand und eine dämmrige Dunkelheit sie umgab, die nur von flackernden Fackeln erhellt wurde, die an den Wänden des Gewölbes angebracht waren. Sie lauschte kurz, doch außer dem leisen Knistern des Feuers konnte sie nichts hören. Als sie sich der Treppe zuwandte sprang Ragnar plötzlich hinter ihr durch das Portal in den Raum. Sie fuhr zunächst leicht zusammen, war jedoch beruhigt, als sie sah, dass es sich lediglich um den Krieger handelte.
"Bleib' lieber hier und warte auf die anderen!" schlug sie Ragnar vor, als er mit seiner schweren Rüstung hinter ihr her schepperte.
"Nä!" meinte der Krieger jedoch entschlossen und stapfte weiter hinter der leichtfüßigen Diebin hinterher und die Treppe hinauf.
Am oberen Treppenabsatz angekommen hatten sie die Wahl entweder nach rechts oder nach links zu gehen.
Orgim hatte unterdessen seinen Diener hinter den beiden her geschickt, um zu beobachten, was sie taten und dem Magier davon zu berichten, bei Gefahr jedoch sofort umzukehren.
Die Diebin wandte sich dem rechten Gang zu und hinter ihr schepperte Ragnar. Nach einigen Metern, als sie an eine Wegbiegung kamen, hörten sie ein dumpfes Murmeln, das in etwa wie "Hä? Was is' den da los?" klang. Kurz darauf stand auch schon ein Wächter mit einer gezückten Armbrust in der Hand vor ihnen.
Ragnars Axt begann zu leuchten.
"Wir wollen Euch nicht angreifen. Wir sind friedlich hier", versicherte Xantcha.
"Was wollt Ihr hier?" blaffte der Wächter.
"Wir... sind durch dieses Portal hierher gelangt und wissen nun nicht, wo wir sind."
"Und das soll ich euch glauben?!" Er lachte verächtlich. "Ihr wollt sicher in die Schatzkammer!" Bei diesen Worten sah er sie durchdringend an.
"Welche Schatzkammer?"
"Schatzkammer?" Xantchas Augen begannen zu leuchten, während der Wächter mit der freien Hand sein Schwert gezogen hatte.
"Ich glaube Euch nicht, dass Ihr nicht wisst, wo Ihr seid!" rief er und drückte ab.
In diesem Augenblick bekam es Orgims Diener mit der Angst zu tun und er lief hastig, aber trotzdem leise zurück.
Doch der Wächter hatte schlecht gezielt und so prallte der Bolzen an der Mauer ab und fiel hinter Ragnar auf den Steinboden. Xantcha hatte sofort reagiert und ihren Dolch nach der Wache geworfen. Die scharfe Waffe traf den Mann mitten in der Brust und die Wucht des Aufpralls warf ihn gegen die hinter ihm liegende Wand. Der Dolche flog, obwohl er tief im Fleisch steckte, zu Xantcha zurück, während der Wächter bewusstlos auf dem Boden liegen blieb.

Inzwischen hatte der Diener den anderen Portalraum erreicht. Er fiel geradezu aus dem magischen Portal. Nachdem er sich hochgerappelt hatte, berichtete er abgehackt, was er gesehen hatte: "Meister! Wache! Kampf! Die Armbrust wurde abgeschossen! - Hat mich nicht getroffen!"
Die anderen machten sich zwar einerseits Sorgen um ihre Gefährten, doch andererseits zweifelten sie nicht daran, dass Ragnar dem Wächter bestimmt weit überlegen war. Doch da sich alle noch recht erschöpft fühlten, zogen sie es vor, noch in dem Raum zu warten und erst nach längerer Zeit, sollten die beiden nicht zurück kehren, nach ihnen zu suchen.
Um vor eventuellen Überraschungen geschützt zu sein, wurden Katan und Casali beauftragt, das Portal zu bewachen.
Hiranhên legte sich sicherheitshalber ihren Bogen neben sich, um im Notfall schnell schießen zu können.

Obwohl Xantcha zunächst sofort weiter wollte, zog Ragnar es vor, den Wächter zu durchsuchen. Als Xantcha bei einem genaueren Blick feststellte, dass er ungefähr ihre Größe hatte, fand sie die Idee gar nicht mehr so schlecht, denn sie nahm sich seine Handschuhe und tauschte ihre inzwischen schon sehr ausgetragenen Schuhe gegen die Lederstiefel des Wächters.
Ragnar hingegen nahm den Schlüsselbund, der an seinem Gürtel hing, an sich, bevor sie weiter gingen, diesmal doppelt so vorsichtig, da sie nicht wussten, ob sich noch mehr Wachen in der Nähe befanden.
Sie traten um eine weitere Biegung und kamen zu einem Gang, von dem nach links eine und nach rechts zwei Türen fortführten. Alle Türen waren geschlossen und als Ragnar die erste links probierte, stellte er fest, dass sie zudem noch abgesperrt waren. Er probierte einige der Schlüssel durch und konnte schließlich das Schloss öffnen.
Sie befanden sich in einer Art Vorratskammer: auf einem Regal standen mehrere Flaschen, die wie Weinflaschen aussahen, jedoch unterschiedliche Formen hatten, auf dem anderen Regal lagen Brote, Käse, getrocknetes Fleisch und Obst. Von der Decke hingen einige Schinken.
Xantcha selber trank zwar keinen Alkohol, doch wusste sie, dass Hiranhên einem guten Tropfen durchaus zugeneigt war und deshalb griff sie nach einer der dunklen Flaschen. Des weiteren füllte sie so viel Fleisch, Käse und Brot, wie sie tragen konnte in ihre Tasche.
Ragnar hatte inzwischen einen alten Sack gefunden, der zwar schon etwas mitgenommen aussah, aber kein allzu großes Loch aufwies. Er schaufelte Brot, Käse und Obst hinein und packte auch noch einen fetten Schinken dazu. Als sie diese Vorräte an sich genommen hatten, verließen sie den Raum wieder und eilten zum Portal zurück.
Inzwischen war eine halbe Stunde vergangen und auf der anderen Seite wurden sie freudig empfangen.
"Was habt Ihr denn da bei Euch?" fragte Chiara, als sie Xantchas gefüllte Tasche und den ebenfalls vollen Sack über Ragnars Schulter bemerkte.
"Wir sind an einer Vorratskammer vorbei gekommen und dachten uns, dass wir ein wenig brauchen könnten..." Xantcha hatte inzwischen ihre Tasche geöffnet und wollte beginnen, die Lebensmittel zu verteilen, als es dunkler wurde im Raum. Alle wandten sich der Stelle zu, an der bis vor kurzem noch das Portal gewesen war, doch dort war nichts mehr. Es hatte sich geschlossen.
"Da-das w-war k-k-knapp..."
Doch sie störten sich nicht weiter daran und setzten die Verteilung der Lebensmittel fort: Xantcha reichte Hiranhên, die inzwischen wieder etwas zu Kräften gekommen war, die Flasche, wofür die Elfe sich überschwenglich bedankte. Katan erhielt etwas von den Lebensmitteln, während Ragnar seine Sachen behielt mit der Begründung, dass man ihn nur fragen brauche, wenn man Hunger hatte.
Die Elfe hatte die Flasche inzwischen geöffnet und roch an ihr, bevor sie einen vorsichtigen Schluck nahm. Es handelte sich offenbar um einen Likör, da er ihr angenehm brennend die Kehle hinunter lief. Er schmeckte süß, aber gleichzeitig auch etwas herb und sauer. Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf Hiranhêns Gesicht breit und sie verschloss die Flasche wieder sorgfältig.
Inzwischen hatte Orgim versucht, eine der Statuen mit einem Feuerball zu zerstören, doch der Edelstein auf ihrem Kopf hatte ihn einfach in sich aufgesogen. Kurz darauf umgab ein schwaches Leuchten den Edelstein.
"Mmh ... interessant..." murmelte der dunkle Zauberer. "Wir sollten das Portal wieder öffnen!"
"Finde ich auch!" stimmte ihm Ragnar zu.
"Und welcher Trottel stellt sich freiwillig neben eine der Statuen?" fragte Bohumil, der noch gut in Erinnerung hatte, was beim letzten Mal geschehen war.
Wieder einmal gab es einen Disput darüber, was man tun solle. Dabei wurde vorgeschlagen, einen Stein der Macht einzusetzen, doch jemand gab auch zu bedenken, dass es sein könnte, dass man bei einem völlig anderen Portal hinaus kam. Ragnar wollte die Höhle noch nicht wieder verlassen und es noch einmal versuchen mit dem Portal, konnte jedoch auch nicht sagen, wer es sein sollte, der sich freiwillig neben die Statuen stellte. Hiranhên blickte zweifelnd und trat demonstrativ einen großen Schritt von der Staue weg.
"Wie wäre es mit einem Zauber so ähnlich wie dem Feuerball, das scheint doch auch zu helfen", schlug Chiara vor. "Zum Beispiel Ragnars Axt. - Dabei kommt auch niemand von uns zu Schaden."
Ragnar griff nach seiner Waffe und sie leuchtete grau. "Welche Farbe?" fragte er an Hiranhên gewandt.
"Grau. Das war ... die Kugel."
"Au ja! Dann macht's groß wumm!" Ragnar schoss auf eine andere Statue und die Kugel wurde ebenfalls von dem Edelstein aufgesogen, der daraufhin leicht zu leuchten begann. Daraufhin wandte er sich einer weiteren zu und schoss noch einmal.
"Wartet!" gebat Orgim. "Wir sind alle noch etwas erschöpft. Wir sollten hier unser Lager aufschlagen und uns erst später umsehen."
Das war eine wirklich lange Rede für seine Verhältnisse. Wahrscheinlich getraute sich gerade deswegen auch niemand, ihm zu widersprechen und so wurde der Vorschlag angenommen.

Nachdem das Lager aufgeschlagen war, ließen sie sich nieder und ruhten sich etwas aus, während sie ihr Mittagessen zu sich nahmen.
Niemand bemerkte den huschenden Schatten, der sich durch den Höhleneingang hereingeschlichen hatte. Dieser Schatten nahm plötzlich neben Bohumil Form an: eine komplett in schwarz gekleidete Gestalt erschien neben dem Magier und streckte eine große Klaue nach ihm aus.
"Du kommst mit!"
Bohumil, der sie einfach nur entsetzt anstarrte und völlig vergessen hatte, zu kauen, wurde gepackt und und die Gestalt schien sich zusammen mit dem Magier in Luft aufzulösen.
"Meister?" fragte Casali leise, doch niemand hörte ihn.
"Habt ihr das gerade auch gesehen?" fragte Hiranhên mit einem Gesichtsausdruck, der klarmachte, dass sie an ihrem Verstand zweifelte und die Bestätigung der anderen brauchte.
"Ja, da hat irgendwas vorbeigewuschelt. - Was war'n das?" antwortete Ragnar. "Wo is'n unser Magier?"
"Bohumil?" erkundigte sich die Elfe.
"Ja."
"Verschwunden."
Orgim stand auf und ging in Richtung des Höhleneingangs.
"Wo gedenkst du hinzugehen?" fragte Hiranhên.
"Suchen!"
"Bleib' da!" befahl Ragnar wütend und sprang ebenfalls auf.
Orgim blieb grummelnd stehen und man konnte die gespannte Atmosphäre förmlich spüren.
"Habt ihr euch alle erholt?" fragte der Krieger und betrachtete seine Kampfgefährten. Sie sahen alle noch etwas erschöpft aus von dem Erlebnis mit den Statuen. "Dann machen wir jetzt noch Mittagspause!"
Chiara nickte matt und lehnte sich gegen die Höhlenwand, während Orgim unruhig auf und ab lief. Ragnar ließ sich nieder und knabberte noch ein wenig an dem Essen, das er und Xantcha mitgebracht hatten. Scheinbar dachte er über etwas nach. Die Elfe hatte ein ungutes Gefühl und empfand die dunkle Höhle als nicht sehr beruhigend. Sie wünschte sich zum ersten Mal seit sie ihren Vater verlassen hatte, dass sie dies nicht getan hätte und stattdessen alles auf sich hätte bruhen lassen. Noch mehr wünschte sie sich, dass es nie einen Angriff dieser schwarzen Reiter gegeben hätte. Deswegen blieb sie an die Höhlenwand gelehnt stehen und versuchte, sich ihre Unruhe nicht anmerken zu lassen.
Plötzlich sprang Ragnar wieder auf. "Ich will nochmal durchs Portal!" verkündete er.
"Und wie gedenkst du, diese Statuen zu aktivieren?" erkundigte sich Hiranhên zweifelnd und achtete darauf, dass die weit genug entfernt von der nächsten war.
"Mit meiner Axt!"
"Das könnte gewissermaßen einige Zeit beanspruchen..."
"Na und?"
Die Elfe zuckte mit den Schultern und Ragnar gab schon den ersten Schuss aus seiner Axt auf die am nächsten stehende Statue ab: Ein heftiger Luftstoß, der eine Kugel zu sein schien, raste auf die Statue zu und wurde vom Edelstein eingesogen. Orgim, der die Szene beobachtet hatte, schüttelte den Kopf und lief dann wieder vor dem Gang, der aus der Höhle hinaus führte, auf und ab.
Nach einiger Zeit war es ein Feuerball, der aus der Axt kam. Hiranhên, die sich sicher war, das irgendetwas passieren würde, nahm ihren Bogen und spannte ihn in aller Ruhe. Danach sah sie Ragnar, der darauf wartete, dass sich seine Axt erneut auflud, fragend an.
"Ich sehe hier widerstrebende Interessen", begann Chiara plötzlich. "Zum einen möchte Orgim Spuren suchen, zum anderen möchte Ragnar das Portal öffnen." Sie wartete eine Weile und sah von einem zum anderen. "Ich denke, eine Abstimmung wäre hier angebracht."
"Was ich will is ja eh klar!" grummelte Ragnar. Dasselbe galt auch für Orgim, doch verzichtete dieser darauf, sich zu äußern.
"Ich wü-würde d-die Höhl-le g-gern-ne ver-verl-lassen."
"Ich will wissen, was es noch alles gibt hinter'm Portal!"
Nachdem Xantcha also ihre Meinung kund getan hatte, wandten sich alle Blicke der Elfe zu, die neben ihrem Pferd stand und sich eigentlich der Abstimmung enthalten wollte. Doch nun hing alles an ihr und sie sah sich unsicher um.
"Nun... ich würde die Höhle auch lieber verlassen..." Sie warf Ragnar einen entshculdigenden Blick zu und hörte, dass Orgim leise lachte. "Wir ... könnten uns auch trennen..." schlug sie vor, um Ragnar wieder mit sich zu versöhnen - auch wenn er gar nicht böse auf sie zu sein schien.
"Ich würde es vorziehen, die Burg genauer zu untersuchen, die sich anscheinend hinter dem Portal befindet", meldete sich Chiara zu Wort.
"Trennen ist eine schlechte Idee! Gehen wir!" kam es aus Orgims Kapuze und er schritt auf eine der Statuen zu, um zu zeigen, dass er es sich anders überlegt hatte und nun auch durch das Portal wollte.
Hiranhên war erleichtert, dass sie nun nicht mehr diejenige war, an der die Entscheidung hing. Da fiel ihr plötzlich der bauer wieder ein und sie wandte sich ihm zu. Auf ihren fragenden Blick hin schüttelte er nur den Kopf und trat einen Schritt zurück.
"Dann bleiben also Katan und Casali bei dne Pferden", stellte Chiara fest.
"Bei Gefahr fliehst du!" befahlr Orgim und der Bauer, der nun seinen Meister nicht mehr bei sich hatte, gehorchte diesem Befehl liebend gern und nickte. Währenddessen schlang Hiranhên die Zügel eines jeden Pferdes durch die Zügelschlaufe des Nebenpferdes und bildete so eine Art Kette. Die Zügel von Katans schwarzem Pony, welches das letzte in der reihe war, drückte sie seiner Reiterin in die Hand, welche sie auch ergriff.

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