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~*~* Kapitel 10 *~*~
In der Burg der Magier des Lichts

Orgim, der noch immer neben einer der Statuen, die schon leicht glühte, stand, sah Casali mit einem stechenden Blick an: "Stell dich dahin!" Der Bauer hatte scheinbar Angst vor dem dunklen Magier und schlich kleinlaut zu einer weiteren Statue.
Hiranhên, die sich sehr unwohl fühlte in der dunklen Höhle lief nervös einige Schritte auf und ab, als sie plötzlich über einen Stein stolperte. Sie bückte sich, um ihn aufzuheben und bemerkte, dass er blau leuchtete. Bei einer genaueren Begutachtung fiel ihr auf, dass so in etwa ein Diamant leuchten musste.
Orgim, dem sie den Stein schweigend reichte, bemerkte, dass er energiehaltig war. An der dem Portal zugewandten Seite der Statue entdeckte er eine Kerbe, in die der gefundene Stein perfekt zu passen schien. Die Kugel über dem Kopf der Figur begann, hell zu leuchten, nachdem er ihn eingefügt hatte.
Inzwischen hatten sich auch die anderen zu Orgim und Hiranhên gesellt und die Szenerie beobachtet.
"Wo hast'n den Stein her?" wollte Ragnar wissen.
Hiranhên wies auf die Stelle, wo sie gestolpert war. "Dort."
"Ihr sucht nu alle mal! Da sin' bestimmt noch mehr so Dinger!" befahl Ragnar dem Rest der Gruppe.
Doch sie fanden nur noch zwei weitere Steine, welche sie einsetzen konnten. So wurde dem Bauern befohlen, sich an die Statue zu stellen, deren Kugel schon am hellsten leuchtete. Sobald Casali in ihre Nähe kam, sprang wieder der Lichtblitz über und es geschah dasselbe wie schon vorher. Das Portal war offen. Casali hingegen sank erschöpft zu Boden.
Narumîr war die ganze Sache nicht geheuer und er schnaubte unruhig. Erst als Hiranhên zu ihm trat und ihm einige elbische Worte zuflüsterte, schien er sich zu beruhigen.
Orgim trat als erster durch das nun offene Portal, ihm folgten sofort Ragnar und Xantcha. Hiranhên beeilte sich, dass sie Chiara hinterher kam.
Im Raum auf der anderen Seite angekommen, sahen sich die Abenteurer erst einmal um.
"Wisst ihr, wo wir uns befinden?" fragte Hiranhên, nachdem sie den gelb-weißen Wandbehang bemerkt hatte.
"Nö. Nicht direkt so genau", kam es von Ragnar.
"In der Burg der 'Magier des Lichts'."
"Ach du scheiße!" entfuhr es Orgim.
"Woher weißt'n du des?" wollte der Krieger wissen.
Wortlos deutete die Elfe auf die großen Stoffbahnen an den Wänden.
"Steht des da?"
Sie musste lächeln. "Sozusagen... Die Symbole sagen es aus."
Als Orgim seinen Kampfstab zückte, sah sie ihn fragend an.
"Wieso das denn?" fragte Xantcha, doch Orgim gab keine Antwort.
"Sollten wir besser wieder gehen?" erkundigte sich die Elfe vorsichtig.
"Nein!" gab der dunkle Magier barsch zur Antwort und begann, sich zu konzentrieren, woraufhin Hiranhên noch unsicherer dreinblickte.
"Ich möchte vorschlagen, dass Xantcha und Ragnar voran gehen, da diese hier schon einmal waren", meldete sich Chiara zu Wort.
Plötzlich stank es nach Schwefel und aus Orgims Kapuze war ein leises Fluchen zu hören, doch kurz darauf stand ein Krieger neben ihm.
"Flegel!" sagte Orgim zu Ragnar und streckte die Hand aus. Als der Krieger ihn verständnislos ansah, fügte er hinzu: "Deine Waffe. Für den Krieger." Nun verstand Ragnar und händigte ihm seine zweite Waffe aus.
"Macht mal alle eure Waffen bereit..." meinte er noch, woraufhin Xantcha ihren Dolch zog, Chiara ihren Magierstab zur Hand nahm und Hiranhên einen Pfeil an die Sehne ihres Bogens legte.
Ragnar und Xantcha liefen gemeinsam die Treppe hinauf, ihnen folgten Orgim und sein Krieger, dann Chiara und zum Schluss Hiranhên, die sich lieber im Hintergrund hielt.

Da die Diebin und der Krieger dem Gang nach rechts schon gefolgt waren, wandten sie sich dieses Mal nach links. Nach einigen Metern befand sich zu ihrer Rechten eine Treppe mit einem Gitter davor, während der Gang geradeaus weiter ging und dann einen Knick nach links machte. Orgim schob Xantcha weiter geradeaus und Ragnar folgte scheppernd. Als Hiranhên an dem Gitter vorbei kam, warf sie einen Blick hinein, konnte allerdings nicht viel erkennen, da es sich um eine Wendeltreppe handelte.
Der Anfang der Gruppe war inzwischen auf einige Türen gestoßen, die allerdings verschlossen waren, weswegen Ragnar den Schlüsselbund, den er dem Wächter abgenommen hatte, hervor zog und die Schlüssel durchprobierte.
"Voooorsicht!" warnte Orgim, als Ragnar die Tür öffnete. Doch die Vorsicht war umsonst, da sich in dem kleinen Raum nur einige Schränke befanden.
Aus der schwarzen Kapuze des Magiers war ein "zu ruhig hier" zu hören, doch Ragnar öffnete sie trotzdem und fand einige Besen, Bürsten und Eimer vor. Da es nichts interessantes zu sehen gab, wandte sich Orgim einer weiteren Tür zu und öffnete sie. Er sah einen Schrank aus dünnem Metall und zwei Betten. Als er vorsichtig den Kopf in den Raum streckte, zischte ein Armbrustbolzen nur um Haaresbreite an seiner Nase vorbei. Erschrocken zog er den Kopf wieder zurück und schlug die Tür zu. "Ragnar! Öffne die andere Tür! - Mit Schwung!"
Ragnar wollte dies tun, doch die Tür ging zum Gang hin auf, was ihn aber nicht daran hinderte sie trotzdem schwungvoll aufzureißen. Das Holz ächzte protestierend.
"Feinde!" rief Orgim seinen Gefährten zu und gab gleichzeitig seinem Krieger den Befehl, in den Raum zu rennen und sich umzusehen, während er auf den Armbrustschützen zu rannte. Doch da dies als gedanklicher Befehl geschah, bekam keiner der anderen etwas davon mit.
Allerdings stand noch eine weitere Wache in dem Raum, weswegen Orgim "Einer in der Ecke!" zu Ragnar rief. Doch der Krieger bekam durch seinen Helm und die scheppernde Rüstung nur ein "Ecke" mit und betrat trotzdem den Raum.
Hiranhên, die erkannte, dass sich ein Kampf anbahnte, spannte die Sehne ihres Bogens und beschloss, den Gang im Auge zu behalten, da es ihr zu gefährlich schien, selber in den Kampf einzugreifen.
Alle anderen stürzten sich ins Getümmel und Hiranhên konnte tatsächlich Kampflärm ausmachen. Sie selber lief den Gang vor den Türen auf und ab und hoffte gleichzeitig, dass aus diesen Richtungen keine Verstärkung anrückte.
Aus dem Raum war neben dem Klirren von Metall auch noch das Fluchen von Orgim zu hören. Als nach einiger Zeit der Lärm verstummte, betrat die Elfe den Raum und fand ein Schlachtfeld vor: In einer Ecke lag die Leiche eines Wachmanns, dessen Kopf um 180 Grad verdreht war und dem ein Bein fehlte, das etwas weiter entfernt lag. Ein weiterer Wachmann, der ein Brandloch in der Brust hatte, lag neben einem Schrank auf dem Boden - tot. Und auf der gegenüberliegenden Seite lag ein kopfloser Wachmann. Sein Kopf lag zu Orgims Füßen und der Skalp der Wache baumelte von seinem Magierstab, während er selber immer noch fluchte. Hiranhên musste schlucken, als sie das Massaker sah, war jedoch auch beruhigt, dass keiner ihrer Gefährten etwas ernsthaftes abbekommen hatte. Lediglich in Ragnars Rüstung steckte ein Armbrustbolzen und Orgims Kutte war am Rumpf etwas zerfetzt.
"Wir haben hier mal aufgeräumt", bemerkte Xantcha trocken.
Aus den Augenwinkeln sah die Elfe, dass das Schwert des Wachmanns mit dem verdrehten Hals aufleuchtete. Auch Ragnar, der direkt davor stand, bemerkte dies. "Welche Farbe?"
"Blau", antwortete die Elfe und ging wieder hinaus, um weiter Wache zu halten. Beim Hinausgehen kam sie an Orgim vorbei und hörte ihn grummeln, dass er in der Burg der Lichtmagier scheinbar verflucht sei.

Beim Durchsuchen der Schränke fanden Xantcha und Ragnar die Kleidung der Wächter und eine kleine Flasche mit einer grünen Flüssigkeit, die Ragnar sofort mitnahm. Der dunkle Magier hatte sich auf eines der Betten gelegt und war auf der Stelle eingeschlafen. Auch Chiara versuchte, sich vom Kampf zu erholen.
Ragnar schnitt sich ein Stück von dem Wächter heraus, der Kontakt mit Feuer gehabt hatte und probierte es.

Nach einer Stunde erhob sich Orgim fluchend wieder aus dem Bett, wirkte aber erfrischt. Dies war das Zeichen, dass die Gruppe wieder aufbrechen konnte um die Burg weiter zu erforschen. Die Elfe bemerkte, dass in dem Gang, den sie überwacht hatte, eine Wendeltreppe nach unten führte, doch alle wollten erst einmal das Stockwerk, in dem sie sich befanden, kennen lernen.
Nachdem sie ein weiteres Mal um eine Kurve gegangen waren, sahen sie an der Wand ein Schild mit einem Zeichen darauf und daneben eine Tür, die offenbar aus Stein zu sein schien.
"Was'n des?" fragte Ragnar zur Elfe gewandt, doch diese zuckte nur hilflos mit den Schultern, da sie die Rune, die dort stand, nicht kannte. So öffnete Ragnar die nächste Tür linker Hand und fand auf dem Boden liegend eine Pergamentrolle, die er an sich nahm. "Hiiranhêên!" rief er und kurz darauf stand die Elfe neben ihm. Als sie an Orgim vorbei kam, stand plötzlich ein Krieger neben ihr. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass der Krieger, den der Magier mit in den Kampf genommen hatte, nicht mehr bei ihnen war, nachdem die Wachen getötet worden waren. Zusammen mit dem Erscheinen des Kriegers endete auch Orgims fortwährendes Fluchen auf Lichtmagier und den Rest der Welt.
Sie nahm das Pergament entgegen, das Ragnar ihr reichte, und entfaltete es. Während sie es Ragnar vorlas, erschuf Orgim nach und nach eine Vollrüstung für seinen Krieger.
"'Runen der Alten Sprache' Diese Rune", Hiranhên deutete auf ein Zeichen, "heißt 'Zon' und bedeutet 'Erde'. Diese wird 'An' ausgesprochen, was für 'Luft' steht, das hier ist 'Fur', 'Feuer' und die letzte nennt sich 'Mel' und steht für 'Wasser'." Nachdem sie geendet hatte ging sie zusammen mit Ragnar zu dem Schild neben der Steintür. Sogar Ragnar, der sich die Reihenfolge gemerkt hatte, in der Hiranhên vorgelesen hatte, erkannte, dass es die Rune für ‚Erde' war.
"Un' was heißt des?" wollte er wissen. Die Elfe stand da und dachte angestrengt nach.
"Vielleicht... führt diese Tür... in die Erde..." vermutete sie.
"Oder man braucht Erde um sie zu öffnen..." schaltete sich Xantcha ein, die unauffällig dem Gespräch gelauscht hatte.
"Chae..." murmelte Hiranhên, während sie die Steintür auf einen Hebel oder eine Öffnung hin untersuchte. Doch sie fand nichts und gab das Pergament an Orgim weiter, der inzwischen einen Krieger in voller Rüstung neben sich hatte. Auch er wurde nicht schlau daraus und so beschlossen er und Ragnar, die Treppe nach unten zu nehmen.
Der Krieger hatte von seinem Meister den Befehl erhalten, sich neben Ragnar zu halten, womit nun zwei Rüstungen durch die Gänge der Burg schepperten. Die anderen folgten ihnen, während sich Hiranhên wie immer hinten hielt und öfter umsah, ob ihnen jemand folgte.
Die Gänge im unteren Stockwerk wiesen allesamt keine Türen auf und hatten einfach nur kahle Steinwände. Das veranlasste Orgim zu der misstrauischen Vermutung, dass es sich um Fallen handeln könnte. Xantcha, die einiges über Fallen wusste, drängelte sich zwischen beiden Kriegern hindurch, um den Gang zu untersuchen, konnte allerdings nichts finden. Als der Gang ein weiteres Mal um eine Ecke führte, standen sie plötzlich vor einer Mauer, an der ein Plan hing: Rechts war die Rune 'Zon' zu sehen, unten eine Wendeltreppe, links offenbar der Wachraum und oberhalb dieses Raumes ein rotes X; am oberen Ende der Karte befand sich offenbar die Treppe, welche durch das Gitter verschlossen war.
Nachdem Orgim die Karte von der Wand genommen, eingerollt und eingepackt hatte, wandten sie sich wieder um, um den Rest der Etage zu untersuchen, doch außer einer Tür hinter der ein 'Tiefbrunnen' lag, fanden sie nichts mehr. Also gingen sie wieder die Treppe hoch und begaben sich zu der Stelle, die auf der Karte mit einem X gekennzeichnet war.
Eine Steinwand, nichts besonderes. Probehalber streckte Orgim seine Hand aus und bemerkte erstaunt, dass er problemlos durch die Wand hindurch greifen konnte und es sich offenbar um eine Illusion handelte. Er entdeckte einen Hebel und als er ihn umlegte, hörten sie ein Rasseln und das Gitter vor der Wendeltreppe öffnete sich.
Als sich Ragnar und Orgims Krieger geräuschvoll die Treppe hinauf schoben, bekamen die Wände einen türkisfarbenen Schimmer.
Im Stockwerk darüber sah es genauso aus, wie auch vorher schon: Von der Treppe her ging es nach links und rechts weg und beide Gänge machten nach einigen Metern einen Knick in dieselbe Richtung. Die Gruppe hielt sich links und folgte dem Gang dann weiter nach rechts, wo sie auf einen Wasserfall stießen, der aus der Decke zu kommen schien und im Boden verschwand.
Der schwarze Magier gab seinem Krieger den Befehl, die Hand hindurch zu strecken, um zu testen, wie stark der Wasserfall war. - Und er war sehr stark, wie der Krieger bald bemerkte. Neben der Tür bemerkte Hiranhên ein Schild mit der Rune 'Mel' für Wasser.
Plötzlich teilte sich das Wasser wie ein Vorhang und als sie sich verwundert umsahen, bemerkten sie, dass Chiara sich konzentrierte. Sie hatte also diesen Zauber gewirkt. Die Gruppe trat durch das Tor und fand sich in einem langen Gang wieder, dem sie in der gewohnten Reihenfolge - also Hiranhên als Rückendeckung mit Bogen und Pfeil in der Hand - folgten, bis auf dass Xantcha sich zu der Elfe gesellte. An seinem Ende befand sich eine Tür.
"Aufmachen!" befahl Ragnar, ließ aber dem anderen Krieger den Vortritt. Hinter der Tür befand sich ein quadratischer Raum, zu dem einige Treppenstufen hinab führten. In der Mitte des Raumes stand ein Mann, offenbar ein Magier, in blauer Gewandung, der sich mit drei Wesen beschäftigte, die nur aus Wasser zu bestehen schienen.
Als die erste Rüstung die Treppe hinab schepperte und die anderen ihr folgten, fuhr er erschrocken herum. "Halt! Was wollt Ihr hier?!"
"Ja, hallo nicht ganz so alter Mann! Was bist denn du für einer?" erkundigte sich Ragnar.
"Antwortet! Schnell!" drohte der Magier.
Ragnar wandte sich zu den anderen um: "Äh, was hat er nochmal gefragt?" Als er auf die Schnelle keine Antwort erhielt meinte er: "Wir woll'n uns mal die Burg näher anguck'n."
Orgim schätzte die Situation als brenzlig ein und begann schon einmal, sich auf einen Zauberspruch zu konzentrieren. Das war auch gut so, denn mit einem "Falsche Antwort!" stürzte sich der blaugewandete Magier auf die Gruppe. Chiara geriet in Panik und lief die Treppe hinauf, während Xantcha die Gefahr für ihr Leben und das ihrer Freunde erkannte und ihren Dolch dem Mann in die Brust warf. Orgims Krieger stürzte mit Ragnars Flegel nach vorne und gab ihm den Rest, während der Dolch zu seiner Besitzerin zurück flog.
Ragnar schoss, ohne sich über die Farbe seiner Axt Gedanken zu machen, auf das mittlere Wasserwesen. Doch das Geschoss verschwand einfach ohne etwas bewirkt zu haben. Nun zielte Hiranhên mit ihrem Bogen auf ihn und Xantcha lief zur Seite, um eine bessere Wurfposition zu haben. Doch ihr Dolch traf nicht das Wesen, sondern Orgims Krieger am Fuß, der daraufhin zu Seite trat und einen bösen Blick zu Xantcha warf, sie jedoch nicht angriff. Auch Ragnar trat zur Seite und so hatte die Elfe freie Schussbahn. Ihr Pfeil fing plötzlich Feuer, im selben Augenblick in dem sich auch ein Feuerball in Orgims Hand materialisierte, der kurz darauf an dem Ziel vorbei und in die Wand flog. Nun griffen die Wasserwesen an: Einer boxte knapp neben Xantcha in die Luft, die daraufhin mit ihrem Dolch herumfuchtelte, jedoch nichts traf. Der zweite Wasserelementar wurde allerdings von Orgims Krieger und Ragnar in Gemeinschaftsarbeit erledigt, während Hiranhên auf den dritten ihren brennenden Pfeil abschoss. Das Wesen verdampfte, und obwohl niemand denjenigen, den die beiden Krieger niedergemacht hatten, mit Feuer bekämpfte, verdampfte dieser ebenfalls. Bevor Xantchas zweiter, verfehlter Dolchangriff ihr zum Verhängnis werden konnte, eilte ihr der Krieger zur Hilfe. Sein Schlag beeindruckte das Wesen jedoch nicht sehr, so dass Ragnar noch einmal zuschlagen hätte müssen, wäre der Wasserelementar nicht fortgerannt und von Xantchas geworfenem Dolch niedergestreckt worden.

Nachdem dieser Kampf ebenfalls geschlagen war, hatten die Gefährten Zeit, sich genauer im Raum umzusehen. Bis auf die Leiche des Magiers, welche sofort eingehend von Ragnar geprüft wurde, war er leer und an jeder Wand befand sich eine Tür.
"Wir sollten mal unsere schreckhafte Magierin zurückholen..." meinte Xantcha zu Hiranhên und die beiden schritten wieder die Treppe hinauf. Sie trafen Chiara beim Wassertor wieder und zu ihrer beider Verwunderung war sie nicht allein: Bohumil befand sich in ihrer Begleitung!
"Wo kommst du denn her?" fragte Xantcha, doch Bohumil antwortete nicht sofort.
"Ich... wir haben einen neuen Auftrag." Als ihn Hiranhên und Xantcha fragend und verdutzt ansahen, fuhr er fort: "Wir müssen einen Lichtmagier finden und ihm eine Botschaft überbringen."
Auf Hiranhêns vorsichtige Frage, wo er gewesen sei, erwiderte er nichts und winkte ab, also gingen die vier zurück zu ihren Gefährten. Auch denen erzählte Bohumil nicht viel mehr als vorher den Mädchen. Da die Magier allesamt sehr erschöpft waren, wurde beschlossen, eine Pause einzulegen, während der Bohumil mit Orgim und Ragnar sprach, Xantcha das Blut von ihrem Dolch beseitigte und sie etwas aßen.

Als es darum ging, welchen Weg sie einschlagen wollten, beschloss Ragnar, dass sie es mit der linken Tür versuchen sollten. Hinter jener befand sich ein langer, gerader Raum, an dessen Ende zwei Strohpuppen standen und auf dem Boden vor ihnen befanden sich zwei weiße Linien. Obwohl Bohumil die Farbe untersuchen wollte, gingen sie weiter, da Ragnar es so wollte.
Hinter der rechten Tür verbarg sich eine kleine Bibliothek, mit drei Bücherregalen und einem Sofa. Während sich die anderen die Bücher ansahen, steuerte Ragnar zielstrebig das Sofa an und setzte sich darauf. Leider hielt das Sofa das nicht aus und brach zusammen, worüber sich vor allem Xantcha ärgerte, da sie gerade unter dem Sofa nach interessanten Dingen sehen wollte.
Die Bücher handelten alle von Wassermagie und ähnlicher Kunde; teilweise waren sie in einer fremden Sprache, und so waren sie für niemanden wirklich interessant, nur Bohumil nahm sich ein kleines Buch in fremder Sprache mit, wobei er darauf achtete, dass es mit möglichst vielen Randbemerkungen versehen war, denn er war der Meinung, dass ihn ein Buch, das für den vorherigen Leser nicht besonders interessant war, nicht viel bringen würde.
Nun kamen sie zur dritten Tür, welche sich gegenüber der Treppe befand. Diese war verschlossen, aber gegen Xantchas Dietrich hatte sie keine Chance und die Diebin drang in den dunklen Raum dahinter vor. Im schwachen Lichtschein der Tür bemerkte sie drei Schränke von der Art, wie sie auch schon im Wachraum waren und drei Betten, wovon eines belegt war. Sie drehte sich um und bedeutete ihren Gefährten, leise zu sein: "Pscht, da liegt einer, der schläft."
"Wecken wir ihn auf!" meinte Bohumil. "Aber spannt eure Bogen."
Da keiner etwas einzuwenden hatte, ging Ragnar hinein und der Mann, der inzwischen aufgewacht war und die Eindringlinge verschlafen ansah, wurde einfach von ihm rausgeschleift.
Nun übernahm Bohumil das Verhör des Mannes, der etwas erschrocken im Nachthemd vor ihnen stand: "Wo ist der Chef?!"
"Äh, im Erdgeschoss, eins weiter oben."
"Mach mal Licht, in dem Raum."
Noch bevor Chiara etwas einwenden konnte, da sie es für keine gute Idee hielt, den Mann zaubern zu lassen, konzentrierte sich der Mann. Doch als nach einer Sekunde kein Licht erschien, wurde auch Bohumil misstrauisch und er meinte zu Ragnar: "Unterbrich ihn!"
Dieser führte den Befehl sofort aus, und gab dem Mann einen Klaps auf den Hinterkopf. Doch der Schlag mit der Panzerhand war wohl zu stark, denn der Mann fiel nach vorne um und zerplatschte in eine Wasserpfütze. Diese floss mit schneller Geschwindigkeit in Richtung Ausfluss, in der Mitte des Raumes, den noch niemand bemerkt hatte.
"Toll!" war Xantchas sarkastischer Kommentar.
"Könnte nun einer der Herren für etwas Licht sorgen?" fragte Hiranhên vorsichtig in die Runde und sah dabei besonders Bohumil und Orgim an. Letzterer sorgte dafür, dass der Raum illuminiert wurde. Mit der besseren Beleuchtung machten sich Xantcha, Bohumil, Ragnar, Orgim und Chiara daran, die Schränke zu durchsuchen. In zweien war nur ein Nachthemd, doch im dritten eine blaue Robe, ein Zauberstab, ein Päckchen Hithusalab , eine Wasserpfeife und drei Ansaugstutzen. Ragnar packte das meiste davon ein und wer zufrieden mit seiner Beute. Xantcha jedoch hatte mit dem Aufschlitzen der Kopfkissen keinen Erfolg und da sonst auch keine Tür in diesem Raum war, gingen sie zurück.

Hinter dem Wasserfall-Tor, auf der linken Seite, fanden sie eine Wendeltreppe, die nach oben führte. Da sie die Auskunft erhalten hatten, dass der 'Chef', wie Bohumil ihn genannt hatte, eine Etage über ihnen war, folgten sie den Stufen nach oben.
Sie gelangten in einen langen Raum, der sich links der Treppe erstreckte, wobei selbige noch weiter hinauf führte. Der Raum hatte mehrere Türen, große und kleine, und von einer Doppeltür aus folgte ein roter Teppich dem Raum. Da der Teppich von der Tür aus nach hinten breiter zu werden schien, folgten sie ihm, ohne in die anderen Räume zu schauen, da Bohumil dies für ein Anzeichen dafür hielt, dass dieser Weg irgendwie wichtig war. Trotzdem entschied er sich gegen diese Doppeltür, welche Xantcha durchschreiten wollte. Den Teppich säumten mehrere Säulen und auch ein paar Steinstatuen, welche sich allerdings nicht als Falle herausstellten, wie zuerst allgemein befürchtet wurde.
Als sie um die Ecke bogen, wurden sie von einem Wächter erblickt, der beim Anblick der großen Gruppe durch eine breite Doppeltür aus schwerem Eisen verschwand.
"Hinterher!" befahl Ragnar und sie folgten dem Mann. Doch als sie einen Blick durch den Spalt der Tür werfen konnten und Ragnar sie schließlich vollständig aufstieß, sahen sie nicht, wie erwartet, einen großen Saal, sondern eine steinige Straße, die sich den Berg hinunter schlängelte.
Plötzlich kamen von links zwei Wächter auf sie zu, die allerdings besser geschützt waren, als die im Wachraum und Untergeschoss der Burg: einer mit Kettenhemd, Kurzschwert und einem kleinen Schild, der andere sogar mit einer schweren Rüstung, ähnlich der Ragnars, einem großen Schild und einem Morgenstern. Beide Wächter sahen nicht so aus, als wären sie sehr freundlich gesinnt.
Wieder einmal war es Xantcha, die als erste reagierte, als sie ihren Dolch dem Mann mit Kettenhemd in den Schwertarm warf, während Ragnar seine Axt zog und Orgims Krieger den Flegel hob, um zu zu schlagen. Der Wächter im Kettenhemd ging auf die beiden los, allerdings schon geschwächt von der Verletzung am Arm.
Chiara war gerade dabei, sich auf einen Zauber zu konzentrieren, als der Mann mit der schweren Rüstung auf sie zu kam. Während Hiranhên auf ihn zielte und auch die beiden anderen Magier sich konzentrierten, schepperte es plötzlich hinter der Tür. Xantcha warf erneut ihren Dolch auf den Schwertarm des Wächters, doch er ließ seine Waffe immer noch nicht fallen. Erst als Orgims Krieger ihn angriff und er mit dem Schild blockte, taumelte er rückwärts gegen die Burgmauer. Chiara ging mit konzentriertem Gesichtsausdruck langsam nach vorne, während der andere Wächter sich nun auf den Krieger stürzte. Hiranhên zielte nun noch mal auf diesen Wächter, als ein weiterer aus der Tür kam und nun direkt vor Ragnar und Xantcha stand. Zum Glück war Xantcha schnell genug, um ihm auszuweichen. Auf einmal verwandelte sich der Wächter direkt vor Orgims Krieger in Stein, woraus zu schließen war, dass der schwarze Magier mit seinem Spruch erfolgreich war.
Da rief Bohumil plötzlich in das Kampfgetümmel: "Lasst den Neuen unversehrt!"
Xantcha verhielt sich dementsprechend und warf ihren Dolch auf den Wächter an der Burgmauer, den sie bereits zwei Mal getroffen hatte. Doch erst der Schlag von Orgims Krieger machte ihm endgültig den Garaus. Ragnar jedoch war so sehr im Kampfrausch, dass er nicht auf den Magier hörte, sondern auf den erhobenen Arm des Mannes hieb. Der Schlag durchdrang seine Rüstung und verletzte ihn am Arm, woraufhin er seine Waffe fallen ließ.
Hiranhên, die eingesehen hatte, dass sie wohl nicht mehr zum Schießen kommen würde, steckte ihren Pfeil wieder ein, behielt den Bogen jedoch wie immer in der Hand.
Auch Chiara beendete ihre Konzentration, da ihr Ziel anscheinend schon besiegt war. Bohumil allerdings, der sonst immer relativ rational handelte, geriet durch Ragnars Angriff auf den Wächter so sehr in Rage, dass er versuchte, anstatt den Gedanken des Kriegers, Ragnars Gedanken zu kontrollieren, was ihm auch gelang. Allerdings bekamen nur Chiara und Orgim etwas davon mit.
Vielleicht von Ragnar angespornt, vielleicht gegen Bohumil gerichtet, oder eine Veränderung seiner Pläne spürend, griff Xantcha nun auch den letzten Wächter an, doch ihr Dolch prallte an seinem Helm ab. Nun hatte Bohumil den Wächter wohl aufgegeben, oder vielleicht wollte er auch den Schein wahren, jedenfalls begann Ragnar nun, auf den Wächter mit Boxhieben loszugehen, wobei er ihn aber nicht traf. Orgims Krieger hob erneut seinen Flegel, als der Wächter mit seinem Schild Xantcha zur Seite stoßen wollte, doch die geschmeidige Diebin wich ihm aus.
Chiara sah dem ganzen nur verwundert zu. Orgim nahm seine Konzentration wieder auf und Bohumil ging stark geschwächt ein paar Schritte zurück. Mit einem perfekt gezielten Dolchwurf in den Augenschlitz entschied sich der Kampf, der Wächter ging ohnmächtig zu Boden - mit einem Dolch im rechtem Auge.

Nachdem nun die Torwachen besiegt waren, sahen Orgim und Chiara Bohumil scharf an, da sie seinen Zauberspruch für alles andere als gut hießen. Der Magier geriet in Erklärungsnot; immerhin hatte er einen komplett entladenen Stein der Macht in der Hand und war selbst auch völlig erschöpft - ähnlich wie in der Situation, in welcher Casali der Gruppe beigetreten war. Dennoch hatte der letzte Wächter die Gruppe angegriffen, also musste der Zauberspruch, den er gewirkt hatte, auf jemand anderen gerichtet gewesen sein. Da er meinte, sich erklären zu müssen, hub Bohumil zu einer Rede an:
"Menschen, Elfen, Magier, - Freunde - hört mich an! Ragnar, er ist ein ehrenwerter Mann, befindet sich derzeit unter meiner Kontrolle. Er wird alles tun um mich zu schützen. - Ich hoffe, dass euch dies als Argument reicht mir zuzuhören und dann zu entscheiden, ob ihr ein Blutbad wollt. Ich für meinen Teil würde eine friedliche Lösung ohne Blutvergießen vorziehen. Allerdings sollte dies eine Lösung sein, die allen Seiten gerecht wird. Einem einseitigen Friedensschluss werden wir nicht zustimmen.
Nun denn - kommen wir zum Objekt unseres Streites. Ragnar, er ist ein ehrenwerter Mann, schaffte es im Handstreich das Turnier Herzog Heinrichs zu gewinnen. Er hinterließ dabei ein Feld des Grauens. Turniergegner, Elfen und Menschen wie ihr und ich, die mit fehlenden Körperteilen am Boden lagen gehörten dabei noch zu den angenehmeren Erscheinungen. Ohne die fundierten Kenntnisse von Heinrichs Magiern hätte wohl keiner von ihnen überlebt. Dies, meine Gefährten, ist der bislang größte Triumph eines Mannes, der aufgrund dieser Leistung heute unser Führer ist. Und Ragnar ist ein ehrenwerter Mann." Bei diesen Worten war nicht ganz klar, ob Bewunderung oder Sarkasmus in seiner Stimme schwang. "Wir zogen also los. Ragnar verhielt sich für einige Zeit unauffällig. Dies, junge Elfe", dabei wandte er sich an Hiranhên, die sich auf ihren Bogen gestützt hatte und ihm nun aufhorchte, als sie angesprochen wurde, "ist meiner Auffassung nach ein Verdienst von euch. Diese Leistung ist keinesfalls einfach oder gar selbstverständlich. Ich halte es daher an dieser Stelle für angemessen einen Toast auf unsere junge Freundin auszusprechen. Ein Prost auf Hiranhên!" Bohumil hob seinen Stein der Macht in die Luft wie einen Trinkbecher und die anderen - mit Ausnahme von Chiara und Ragnar - verkniffen sich ein Kichern, während Hiranhên leicht errötete, da sie bisher nicht der Meinung gewesen war, dass ausgerechnet sie Ragnar am Morden gehindert hatte.
"Doch selbst sie konnte die Mordlust und Unbeherrschtheit unseres Anführers nicht auf ewig bändigen." fuhr Bohumil fort. "Es kam, wie es kommen musste: Wir begegneten zwei Ogern. Eine junge Ogerin mit ihrem Kind. Sogar Max - wenige von euch werden ihm besondere geistige Kräfte bescheinigen - schien zu spüren, dass sie nützlich für uns sein könnten. Wir alle wussten, dass sie eventuell über Wissen verfügten, das für uns von unschätzbarem Wert sein konnte. Wir hätten den kleinen Oger - Max schien bereits Zugang zu ihm gefunden zu haben - mit uns nehmen können. Ja, diese 'Geisel' - der Begriff selbst ist bereits zu hart - hätte uns auch die Mutter dienstbar gemacht. Doch was war das einzige, was unserem Führer dazu einfiel? Er tötete, als bereits Stimmen für eine friedliche Lösung laut geworden waren, die Ogerin ohne Mandat! Und Ragnar ist ein ehrenwerter Mann." Bohumil legte eine kleine Kunstpause ein. Dann fuhr er mit einem leicht tragischen Ausdruck in der Stimme fort:
"Er nahm dem kleinen Oger die Mutter. Ich denke wir alle sind uns der beispiellosen Brutalität und Sinnlosigkeit dieses Vorgehens bewusst. Und Ragnar ist ein ehrenwerter Mann. Wir nahmen es hin, wir zogen weiter. Doch bald gefährdeten weitere Fehlentscheidungen unseres Führers unsere Mission. Als nach der Öffnung des Portals ein Großteil der Gemeinschaft völlig erschöpft", dabei warf er einen Blick auf Chiara und Orgim, die unter denjenigen gewesen waren, welche zuerst an die Statuen herangetreten waren, "oder gar bewusstlos am Boden lag", hierbei sah er zu Hiranhên, die zusammengebrochen war, "entschied sich Ragnar, sie im Stich zu lassen und auf eigene Faust das Portal zu durchschreiten. Als ich entführt wurde, beschloss Ragnar ohne Nachforschungen anzustellen weiterzuziehen. Es ist als Leiter einer Mission sein gutes Recht, das Erreichen des Missionsziels Einzelinteressen voranzustellen. Die gezeigte Bereitschaft dabei, eine weitere Teilung der Gruppe hinzunehmen, kann allerdings weder als zweckdienlich noch als weitsichtig gesehen werden. Und Ragnar ist ein ehrenwerter Mann." Er warf einen kurzen Blick in die Runde, dann fuhr er fort:
"Als Ragnar eben den letzten Überlebenden der Wache verstümmelte, ließ ich im Affekt den vorbereiteten Zauber auf ihn los. Dies war weder sportlich noch angemessen. Aber es zwingt uns, das Thema Ragnar einmal anzusprechen. 'Kein Schaden ohne Nutzen', wie ich zu sagen pflege. Ich bin also bereit, Ragnar seine Freiheit wiederzugeben. Allerdings stelle ich dabei drei Bedingungen." Er hob die Hand, um die Bedingungen an den Fingern abzuzählen. "Erstens: Ragnar erfährt nichts von diesem Zwischenfall! Zweitens: Wir versuchen mit vereinten Kräften, Ragnar zu helfen, seinem Leben einen Sinn zu geben und das sinnlose Morden zu beenden. Drittens: Es werden Wahlen abgehalten, wer in Zukunft unsere Gruppe führen soll." Nachdem er dies verkündet hatte, schwieg er etwas, um seine Worte auf die Anwesenden wirken zu lassen.
"Lasst mich zum letzten Punkt noch ein paar Worte verlieren", nahm er den Faden wieder auf. "Die Gründe, warum Ragnar nicht zum Führen unserer Gruppe geeignet ist, habe ich, denke ich, hinreichend dargelegt. In Anbetracht meiner eigenen Unbeherrschtheit von vor wenigen Minuten verzichte auch ich auf eine Kandidatur. Erlaubt mir an dieser Stelle ein kurzes Plädoyer für Hiranhên zu halten." Die Elfe sah ihn erschrocken an, doch er ließ sich nicht von seinen Ausführungen abhalten. "Hiranhên hat im Laufe der Mission unter Beweis gestellt, dass sie nicht nur über die charakterliche Eignung verfügt, diese Gruppe zu führen. Sie ist außerdem auch in der Lage, weitsichtige und vor allem zweckdienliche Entscheidungen zu treffen." Sie sah Bohumil etwas zweifelnd an, doch gleichzeitig fühlte sie sich geehrt und es kam ihr der Gedanke, dass ihr Vater bestimmt stolz auf sie wäre. "Außerdem dürfte es ihr zusammen mit Xantcha am leichtesten fallen, die Gemeinschaft nach außen zu vertreten. Nun meine Freunde ist es an euch zu entscheiden, ob ihr mein Angebot annehmen wollt."
Nach dem letzten Satz drehte sich Bohumil zu Ragnar um, nur um festzustellen, dass der von ihm kontrollierte Krieger sich in eine Steinstatue verwandelt hatte. Orgim war es zu unsicher geworden, den Magier, welcher mit Ragnar als seinem Leibwächter drohte, die Chance zu geben, Forderungen zu stellen. Da er allerdings den Sinn der Rede verstanden hatte, fing nun eine kurze Diskussion an, welche mit dem Ergebnis endete, dass wirklich alle anderen Gruppenmitglieder ungeeignet oder nicht willens waren die Gruppe anzuführen.
Da sie Ragnar trotz seiner groben Art doch irgendwie liebgewonnen hatte und keinen anderen Ausweg sah, wie sie ihn sonst aus den Fängen der beiden Magier befreien könnte, und da sie sich außerdem bewusst war, dass die Gruppe einen Führer brauchte, nahm Hiranhên die Wahl an.

Die Gruppe trat durch das Tor und stellte fest, dass sie nun außerhalb der Burg standen. Auf einem Berg, von dessen Spitze aus sich eine Straße nach unten wand. Orgim sah sich derweil die toten Wächter an und stellte fest, dass die Rüstung des einen Wächters der Rüstung seines Kriegers glich und befahl diesem deshalb, sich zu entkleiden. Jedes Rüstungsteil, welches der Krieger fallen ließ, löste sich sofort in Luft auf. Nun zog der Krieger die Rüstung des toten Wächters an. Orgim hob seinen Zauber auf und Ragnar stand etwas benommen unter ihnen.
Nun konzentrierte sich Bohumil noch einmal, diesmal versuchte er in Ragnars Gedanken zu lesen, was jener für eine Vorgeschichte hatte, denn darüber hatte der Krieger noch nicht geredet. Allerdings teilte er das, was er erfuhr, nicht den anderen mit und auch von dem Zauber merkte niemand etwas, auch wenn Chiara und Orgim ihn skeptisch ansahen und Hiranhên ebenfalls ein leichtes Kribbeln fühlte, wie sie es schon einmal gespürt hatte, als ein Zauber gesprochen wurde. Doch sie beachtete es nicht weiter, da sie es für ein leichtes Frösteln hielt. Immerhin war es schon Herbst und hoch oben auf diesem Berg war es noch um einiges kälter. Sie zog ihren Mantel enger um sich.
Die Gruppe rastete etwa eine halbe Stunde, um sich von den Strapazen des Kampfes zu erholen. Dem roten Teppich in die andere Richtung folgend erreichte die Gruppe wieder die Tür, durch welche Xantcha schon zu Anfang gehen wollte. Diese Tür stellte sich jedoch als massive Stahltüre heraus, welche sich nicht von Xantchas Fähigkeiten im Schlösserknacken beeindrucken ließ. Frustriert versuchte die Gruppe daraufhin eine Tür, welche sich links neben der aus Stahl in der Wand befand. Wie sich herausstellte, befand sich dort ein Altar, auf welchem Kerzen standen. Zusätzlich waren die drei Wände um ihn herum mit Kerzenleuchtern voll gestellt, sodass der Raum in ein helles Licht getaucht war.
Niemand weiß, welche Gedanken in den Köpfen der beiden Magier herumspukten, jedoch schienen sie sich ohne Worte zu verstehen. Ein böses Grinsen zeigte sich auf Bohumils Gesicht, jedoch schienen die beiden den Gedanken, den sie gerade gefasst hatten, schnell wieder zu verwerfen.
Als letzte Möglichkeit bot sich nun die Wendeltreppe östlich der Treppe, welche die Truppe hinaufgestiegen war, an. Da bemerkten sie, dass sich neben der Mauer um die Wendeltreppe nach oben ein Durchgang befand, welcher zu drei weiteren Räumen führte.
Voll Tatendrang öffnete Ragnar die erste und blickte in einen Speisesaal mit drei Tischen und einem Feuer, über welchem ein großer Kessel hing. Bei einem Blick hinein stellte er fest, dass er einen duftenden Eintopf beinhaltete. Sofort waren er und Bohumil gewillt, hier eine kurze Rast mit Zwischenmahlzeit einzulegen, als unter der Kapuze des dunklen Magiers leise aber beständig "Gift... Gift..." zu hören war. Dieser benutzte dann auch seinen Krieger als ‚Versuchskaninchen'. Doch als der Krieger fünf Minuten später immer noch keine Symptome einer Vergiftung zeigte, beschloss man, es sich gemütlich zu machen. So verging wieder eine Viertelstunde.

Gestärkt verließen die Gefährten den Raum und Orgim öffnete vorsichtig die nächste Tür. Hier stand ein Mann in rotem Mantel, der sich anscheinend gerade mit drei Feuerelementaren beschäftigte. Sofort fing Orgim an, sich zu konzentrieren, Orgims Krieger stürmte vor und Xantcha erprobte ein weiteres Mal ihre Fertigkeit im Dolchwurf. Dass einem der Elementare aus Ragnars Axt ein Feuerball entgegen zischte, schien diesen nicht allzu sehr zu beeindrucken, wohl aber den Mann hinter den Elementaren, welcher sich sofort nach dem Eindringen der Gruppe auf einen Zauber konzentrierte. Die drei Elementargeister rückten gen Tür vor, wo sie von Ragnar, Xantcha und Orgims Krieger bereits erwartet wurden. Zwei der Wesen fielen unter ihren Schlägen, bis es Orgim schaffte, seinen Zauber auf den rot bemäntelten Mann loszulassen, der daraufhin zu einer beeindruckenden Steinstatue erstarrte, vermutlich kurz bevor er heiße Vernichtung über die Gruppe gebracht hätte.
Diesmal gelang es Bohumil, einen vorbereiteten Zauber auf den letzten Gegner loszulassen und so schwebte der letzte Feuerelementar etwas verdutzt neben seinem steinernen Meister, wo ihn auch bald die Angriffe von Ragnar und Orgims Krieger zum verlöschen brachten. Hiranhên und Chiara hatten sich aus dem Kampf heraus gehalten, da sie gesehen hatten, dass Ragnar, Xantcha, Bohumil, Orgim und sein Krieger wohl ganz gut alleine zurechtkamen.
Da der Raum eine Tür in der Ostwand hatte, wurde diese geöffnet, was ein Lager mit Kisten zutage förderte. Vier der Kisten waren mit gläsernen Flaschen und ähnlichen Dingen, die ein Alchimist brauchen könnte gefüllt. In der fünften befand sich eine Sammlung kleiner Phiolen voller verschiedener Salze.
Einer Eingebung folgend befahl Orgim seinem Krieger, die Kiste vor die Stahltür zu stellen, woraufhin er die Kiste samt Inhalt mit heißestem Feuer in Brand setzte. Leider war das einzige Ergebnis dieser Aktion, dass die Salze schmolzen und nun einen kristallenen See vor der Tür bildeten. Scheinbar war der Alchimist in ihm erwacht und so schüttete Orgim in Hoffnung auf eine stark saure oder alkalische Reaktion etwas Eintopf aus dem Kessel im Esszimmer auf die Lache, was allerdings lediglich dazu führte, dass der Eintopf ungenießbar versalzen wurde.
Hiranhên stand kopfschüttelnd daneben und murmelte etwas von: "Typisch Magier..." Doch niemand hörte sie - was wahrscheinlich auch gut so war.
Derart erfolglos wandten sich alle zur dritten Tür, hinter der sich allerdings nur ein steinerner Raum verbarg, dessen leicht angesengte Steine auf einen Trainingsraum für Feuermagier und ähnlich heiße Geschöpfe schließen ließen.
"Dann bleibt ja nur noch ein Weg", bemerkte Xantcha und sie wandten sich der Wendeltreppe zu, die nach oben führte.

Obwohl die Stufen noch weiter nach oben führten, wandte sich die Gruppe zunächst dem Stockwerk, das sie gerade erreicht hatten zu. Wieder war es Xantcha, die kurzerhand die Tür zu ihrer Linken öffnete. Dahinter befand sich ein leicht gebogener Raum. Aus seinen hohen Bogenfenstern hätte man die weite Landschaft überblicken können, wenn es nicht so neblig gewesen wäre. Ansonsten war dieser Raum leer, weswegen Hiranhên und Xantcha sich einer weiteren Tür zuwandten. Hinter dieser befand sich eine Art Alchemielabor. Da sich niemand in der Gruppe - nicht einmal die Magier - besonders für diese Kunst interessierten, gingen sie weiter.
Im nächsten Raum stand ein großer Holztisch mit einigen Stühlen drum herum; an der linken Wand befand sich eine Tür. Während Xantcha und Bohumil zielstrebig auf den Tisch zusteuerten, um sich zu setzen, rieb Hiranhêns Neugier sie zur Tür. Nachdem sie die Tür geöffnet hatte, fiel ihr Blick zufällig auf ihre ledernen Handschuhe, die sie auch jetzt noch trug. Das Leder sah angegriffen aus, ganz so, als hätte sie in Säure gegriffen. "Oh!" meinte sie und sah die Klinke an. Entweder jemand wollte nicht, dass ungebetene Gäste den nächsten Raum betraten oder ein ungeschickter Magier hatte aus Versehen Säure über das Metall geschüttet. "Fasst die Klinke lieber nicht ohne Handschuhe an!" warnte die Elfe ihre Gefährten.
"Gibt es dort Bücher?" erkundigte sich Bohumil, dem der Blick in den Raum versperrt war.
Hiranhên warf einen Blick in den düsteren Raum. "Nein, eher Flaschen!"
Inzwischen stand Xantcha neben ihr und sah sich ebenfalls um. Auf den Etiketten standen seltsame Zeichen, die weder die Elfe noch die Diebin entziffern konnten. Jedoch sahen sie eine weitere Tür an der gegenüberliegenden Wand.
"Wir gehen mal weiter!" rief Xantcha über die Schulter hinweg und schritt zur Tür. Jedoch ließ sie ihrer Gefährtin dann doch lieber den Vortritt, als sie an deren Warnung dachte.
Der nächste Raum war anscheinend ein Studierzimmer, denn neben einem Schreibtisch und einer Bank an der Wand standen auch noch zwei Bücherregale dort. Nirgends regte sich etwas. Hiranhên, die plötzlich das Verlangen verspürte, den Auftrag, den sie - oder besser Bohumil - erhalten hatten, so schnell wie möglich auszuführen und danach aus der Burg zu verschwinden.
"Meiner Ansicht nach gibt es dort hinten nichts interessantes mehr." Verkündete sie deswegen den anderen, als sie zurück zu ihnen ging.
"Was gibt es da?" fragte Orgim.
"Ein Studierzimmer und direkt hinter mir befindet sich ein Lagerraum für allerlei Flüssigkeiten und Pulver."
"Gehen wir weiter nach oben und erkunden die anderen Stockwerke!" Xantcha lief schon zielstrebig auf die Tür, durch die sie gekommen waren, zu und auch Ragnar machte Anstalten, ihr zu folgen. Doch wurden sie beide durch Chiaras Worte gebremst:
"Ich will mir diese Flüssigkeiten einmal ansehen!" Damit stand die Magierin auf und ging an Hiranhên vorbei in den Raum hinter ihr.
"Ich schau mir mal das Studierzimmer an..." murmelte Bohumil und folgte der rotgewandeten Dame.
"Gehst nu mit odda nich?" wollte Ragnar von der Elfe wissen.
"Ich wollte eigentlich auf die anderen warten."
Xantcha wurde ungeduldig. "Gehen wir doch einfach!"
"Wir sollten zusammen bleiben." Noch während sie dies sagte, ging sie selber schon wieder Richtung Studierzimmer, denn nun hatte sie doch ihre Neugier gepackt und sie wollte wissen, was für Bücher dort standen. Als sie vor dem Regal stand, hörte sie einige Flaschen klimpern und bei einem Blick zurück sah sie Ragnar, wie er munter Flüssigkeiten zusammen schüttete. Hiranhên hoffte inständig, dass die Magier so schlau waren und wirklich gefährliche Flüssigkeiten unter Verschluss hielten.
Die Bücher waren entweder in einer fremden Sprache geschrieben oder sie erzählten von Lichtmagie, was sie nicht wirklich interessierte. Bohumil hingegen wurde fündig: Er zog ein dünnes handliches Buch über die Religionen in Grandia aus dem Regal, während noch ein ebenfalls kleines Buch über Wahrnehmungszauber schon in seiner Hand lag.
Der Magier blätterte das Religionsbuch ein wenig durch.
"Hast du's gelesen?" fragte Xantcha und sah ihn erwartungsvoll an.
"Nein."
"Ach, du willst es mitnehmen. - Können wir jetzt gehen?"
"Ich halte dies für eine gute Idee." Stimmte Hiranhên zu, die wieder an den Auftrag dachte. Also brach die Gruppe wieder auf, wobei dieses Mal Hiranhên voran ging. "Denkt ihr, wir finden hier noch ein lebendes Wesen?"
"Nein", antwortete Xantcha. "Wir könnten doch auch zu Katan zurück gehen!" Die Diebin schien sich zu langweilen.
Hiranhên wandte sich an einen der Magier. "Bohumil? - Was genau sollt Ihr dem Magier denn ausrichten?"
"Wir haben ein Schreiben für ihn. - In einem versiegelten Umschlag."
"Haben wir eine genaue Information, wo sich der Mann aufhält?" Xantcha sah ihn erwartungsvoll an.
"Hinter der Eisentür!" brummte Orgim. Damit meinte er die große Doppeltür, zwei Stockwerke weiter unten.
"Wir sollten dann versuchen, dort hinein zu kommen." Hiranhên dachte nun auch an Katan und Casali, die - hoffentlich - immer noch auf sie warteten.
"Da is aber abgesperrt..."
Unter den anderen entstand eine kleinere Diskussion, was man tun solle. Das kam der Elfe sehr gelegen, denn sie trat etwas näher an Bohumil heran und senkte die Stimme. "Nun interessiert es mich aber doch einmal, was genau in Eurer ... Abwesenheit vorgefallen ist..."
"Nun, diese Gestalt, die weder ich noch ihr wirklich gesehen haben, nahm mich mit sich, dann verlor ich das Bewusstsein und bin erst in einem dunklen Verlies wieder zu mir gekommen. Diese ominöse Gestalt machte mir das Angebot, dass sie mich frei lassen würde, wenn ich dem Oberhaupt der Lichtmagier eine Nachricht überbringen würde. - Ich stimmte zu und nun bin ich hier." Auch der Magier hatte die Stimme gesenkt.
"Dann sollten wir also nun wirklich den Magier finden."
"Ja."
"Gehen wir also weiter." Damit meinte sie die Treppe hinauf.

Das nächsthöhere Stockwerk, welches anscheinend das oberste war, denn die Treppe endete dort, sah ebenso aus, wie das vorige. Doch als sie die Tür öffneten, die vorher in den leeren Raum mit den Bogenfenstern geführt hatte, sahen sie statt der Fenster ebenfalls bogenförmige Öffnungen in der Wand, durch die man auf eine Holzplattform treten konnte, die schon etwas morsch wirkte. Da sich keiner freiwillig meldete, gingen sie erst einmal weiter und kamen in einen Raum, durch den einige Rohre liefen. An einem der Rohre war ein Rad angebracht. Ragnar sofort darauf zu und drehte es auf.
"Ich wäre vorsichtig..." warnte Hiranhên, doch es war schon zu spät: ein Pfeifen ertönte im Rohr.
"Vielleicht geht mal einer runter und schaut, ob die Eisentür offen is?" Xantcha sah die anderen an.
"Wir sollten uns nicht trennen... Und auch das Rohr wieder zudrehen. Wer weiß, was es bewirkt..." Wieder wandte sich die Elfe zum gehen, während Ragnar das Rad schulterzuckend wieder zu drehte, während Bohumil auf ihn einredete, es nicht zu tun. Als der Krieger einen hilflosen Blick auf seine Freundin warf, verdrehte die entnervt die Augen und ging zur nächsten Tür. Doch sie war abgesperrt und hatte auch kein Schloss, womit man sie hätte öffnen können.
So öffnete sie die nächste Tür und stand in einem Raum mit einigen Rohren, einem großen Ofen, einem Dampfkessel und Anzeigen auf den Rohren.
Schweigend wandte sie sich wieder der Treppe zu.
"Ähm..." begann Bohumil.
"Ja?"
"Ich finde, wir sollten mal schauen, was man von der Plattform alles sehen kann. Die is aber etwas morsch. Ich kann jedoch eine Person in die Luft erheben und... Wäre es möglich, dass..."
"... ich mal einen Blick nach draußen werfe?" fragte Hiranhên lächelnd.
"So ist es! - Es heißt ja, dass Elfen sehr gute Augen haben sollen..."
"In Ordnung, ich 'opfere' mich." Sie grinste den Magier an, der sofort begann, sich zu konzentrieren. Kurz darauf fühlte die Elfe sich noch leichter als vorher, auch wenn sie immer noch auf dem Boden stand.
Bei ihrem Rundgang um den Turm konnte sie nicht viel erkennen. Nur soviel: Um die Burg schloss sich ein Nebel wie eine schützende Wand. Und da er sehr dicht war, vermutete Hiranhên auch, dass es sich um so etwas handelte: ein magischer Schutzwall um die Burg vor Angriffen zu schützen und eventuell auch zu verbergen. - Die Magier konnten ja nicht wissen, dass sich eine metzelnde Abenteurergruppe über das Portal in ihre Burg schleicht...
Die Elfe teilte ihre Erkenntnisse den anderen mit. Danach ging sie auf die Treppe zu, doch keiner folgte ihr, da Bohumil zu Orgims Krieger sagte, er solle das Ventil oder was auch immer das Rad darstellte, noch einmal öffnen. Als Hiranhên bemerkte, dass außer Xantcha und Ragnar niemand hinter ihr war, blieb sie stehen. "Gehen wir besser nach den anderen sehen.
Fast auf dem obersten Treppenabsatz stieß plötzlich Bohumil unsanft gegen Ragnars Brünne.
"Unten ist offen!" kam es von dem dunklen Magier, der gerade aus einer der Türen kam.
"Was bewegt Euch dazu, zu meinen, dass dort offen ist?" erkundigte sich Bohumil argwöhnisch.
Die Elfe wartete nicht auf eine Antwort und lief die Treppe hinunter. Vor der doppelten Flügeltür blieb sie stehen und trat zur Seite, damit Orgims Krieger eine der schweren Pforten öffnen konnte.

Gleißendes Licht kam aus dem Spalt der Tür, als sie aufgeschoben wurde.
"Albinofeindliches Arschloch!" murmelte Bohumil und zog das Tuch noch mehr über sein Gesicht, bevor er hinter den anderen den Raum betrat.
Sie befanden sich in einer großen Halle, die eine Art Thronsaal darzustellen schien. Hiranhên, die von Ragnar und Orgims Krieger flankiert wurde, schritt langsam auf das andere Ende des Raumes zu, wo auf einem erhöhten Thron ein ganz in weiß und gelb gekleideter Mann saß. Links und rechts von ihm standen zwei Magier, die offenbar eine Art Leibgarde darstellten. Sie trugen jeder einen Magierstab, an dessen oberem Ende hell das Zeichen ihres Ordens leuchtete. Hiranhên kannte es schon, es war dasselbe Zeichen wie im andbehang.
Aus den Augenwinkeln sah sie außerdem, dass auf der linken und rechten Seite des Raumes eine kleine Tür in die Wand eingelassen war, doch ihr Blick war geradeaus gerichtet. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. 'Nun bloß nichts falsch machen!' mahnte sie sich selber und blieb in gebührendem Abstand, jedoch trotzdem noch relativ nahe an den Lichtmagiern stehen. Mit der Hand machte sie Orgims Krieger und Ragnar ein Zeichen, ebenfalls stehen zu bleiben.
Gerade, als sie einen Gruß aussprechen wollte, setzte sich Ragnar in Bewegung und stürmte mit erhobener Axt auf die Magier zu. Aus seinem Mund kam ein "Harrrrr!". Die Mienen der Magier blieben unbeeindruckt.
"Ragnar!"
"Ragnar, tu das nicht!" riefen Hiranhên und Bohumil gleichzeitig und tatsächlich blieb Ragnar stehen. Orgim und sein Krieger, sowie Hiranhên schlossen zu ihm auf.
"Was wollt Ihr?" richtete der Anführer der Magier das Wort an sie.
"Ragnar, denk an vorhin!" mahnte Bohumil den Krieger.
Die Elfe holte tief Luft, bevor sie sprach. "Dieser Herr hier", dabei deutete sie auf Bohumil, "hat eine Botschaft für Euch!"
Kaum hatte Hiranhên ausgeredet, stürmte der Krieger auch schon wieder mit hoch erhobener Axt nach vorne. Seine Waffe leuchtete erst kurz auf und wurde dann tiefschwarz.
"Ragnar, nein!" Sie konnte sich noch gut daran erinnern, was mit dem Baum passiert war, als Ragnar in jener einen Nacht, als er die Axt ausprobierte, mit der schwarz verfärbten Axt auf ihn geschlagen hatte.
Doch die Axt schlug durch die Luft, denn der Lichtmagier verschwand einfach und tauchte neben Ragnar wieder auf, um sofort zur Seite zu laufen.
Xantcha trat einige Schritte zur Seite, um eine bessere Wurflinie für ihren Dolch zu haben, sollte sie ihn gebrauchen müssen.
Einer der Gardisten verwandelte sich plötzlich in ein übermannshohes Wesen mit weißem Fell, riesigen Pranken, Säbelzähnen und Hörnern. Die Elfe sah das Wesen entsetzt an, während der andere plötzlich zu einem Skelett wurde, das eine leichte Plattenrüstung trug und Stahlklauen an den Händen hatte.
Während Orgims Krieger und das Skelett miteinander kämpften, warf Xantcha ihren Dolch nach dem Fellmonster, das daraufhin bedrohlich auf sie zu kam und mit seiner wahrhaft riesigen Pranke nach ihr hieb. Die Diebin konnte gerade noch ausweichen, als plötzlich eine Steinstatue vor ihr stand.
Das Skelett hatte inzwischen die Flucht ergriffen, da sich auch Ragnar seiner angenommen hatte.
Ein gleißendes Geschoss aus der Hand des Obermagiers flog nur um Haaresbreite an Xantcha und danach Hiranhên vorbei.
Im allgemeinen Kampfgetümmel spie Chiara plötzlich Feuer und das Skelett, dem diese Aktion gegolten hatte, sank zusammen. Allerdings nahm es vorher wieder seine ursprüngliche Form, die des Lichtmagiers, an.
"Granas, hilf mir!" rief da der oberste Lichtmagier und ein heller Lichtblitz für in den Raum und blendete alle. Als sie ihre Augen wieder öffneten, stand plötzlich nur noch ein Wesen vor ihnen. Es hatte die ungefähre Form wie das Fellwesen vorher, war allerdings dreimal so groß und hatte auch drei Köpfe.
Hiranhên, die an diesem Tag wohl nichts mehr schocken konnte, hoffte immer noch auf eine einigermaßen friedliche Lösung. "Bohumil, wo ist der Brief?"
Der Magier suchte hektisch in seiner Robe herum. "Ich ... äh ... find den gerade ... nicht!"
Gerade hatte Ragnar einen vollen Prankenhieb des Ungeheuers abbekommen, der sogar die Rüstung durchdrungen hatte und sank auf die Knie. Aus einer Wunde an seinem Oberkörper, floss Blut. Xantchas Dolch steckte dem mittleren Kopf im Auge und heißer Lebenssaft floss über das Gesicht und das weiße Fell. Nachdem Orgims Krieger nach einem Bein des Monsters geschlagen hatte, versuchte dieses, nach ihm zu treten, wurde allerdings von Chiaras feurigem Atem aus dem Konzept gebracht.
Hiranhên war inzwischen bei Bohumil, der den Brief nun doch gefunden hatte und ihn in der Luft schwenkte. Die Elfe griff danach und riss ihm das Pergament aus der Hand. Der Magier schaffte es nicht, es ihr wieder weg zu nehmen.
Die Elfe fuhr herum, als sie ein dumpfes, aber lautes Geräusch hinter sich vernahm. Das Monster war gestürzt und hätte dabei fast Xantcha und Chiara unter sich begraben, doch beide konnten ausweichen, wobei es bei Xantcha besonders elegant und geschmeidig aussah - Hiranhên musste unwillkürlich an eine Katze denken. Nun schlug jeder mit seiner Waffe auf den am Boden liegenden ein.
"Hört auf!" rief Hiranhên und lief zurück zu ihnen, gefolgt von Bohumil, der immer wieder versuchte, wieder in Besitz des Briefes zu kommen.
Das Ungeheuer wollte nach der Elfe schlagen, als diese vor ihm stand, doch die Pranke grabschte daneben. Erschrocken wich Xantcha zurück, während Chiara dafür mit ihrem Stab zuschlug. Als Hiranhên ihren Arm packen wollte, um sie am weiteren zuschlagen zu hindern, wich die Magierin aus und sah sie verwirrt an, während Orgim voller Hass die Spitze seines Magierstabes nach unten rammte und Ragnar auf Hiranhêns Ruf hin zurücktrat.
"Ich denke, es hat keinen Sinn, ihn - oder sie ... - zu töten!" meinte Hiranhên mit ruhiger Stimme. "Außerdem -" sie hielt den Brief hoch, damit ihn jeder sehen konnte.
Da sackte das Wesen komplett zusammen. Keiner konnte den Krieger des dunklen Magiers daran hindern, mit dem Flegel auf den mittleren Kopf zu schlagen, der daraufhin als ein ekelhaftes Gemisch aus zertrümmerten Knochen, Blut und Gehirnmasse den Boden befleckte. Da teilte sich das Wesen plötzlich wieder und am Boden lagen drei menschliche Leichen, wovon die eine komplett aus Stein bestand und die andere einen zerquetschten Kopf hatte.
"Harrrr!" kam es triumphierend aus Orgims Kapuze. Das fing ihm einen hasserfüllten Blick der Elfe ein.

Sie verharrten kurz und Ragnars Atem ging schwer, da er nun begann, die Verletzung zu spüren.
"Jetzt wüsste ich gern, was in dem Brief steht!" meinte Xantcha fast fröhlich. Langsam hob Hiranhên den Brief und betrachtete das Wachssiegel. Dann seufzte sie und brach es, um den Brief zu entfalten. Sie las nach einem Blick auf die Toten vor:

"Lieber Kinjorn,
Schade, dass du dies nicht mehr lesen kannst, da dieser hirnlose Trottel Ragnar dich sicher sofort abgemurkst hat. Tja, wieder ein Lichtmagier weniger. Seltsam, wie leicht sich diese Elfen für unsere Zwecke ausnutzen lassen...
An die "Heldengruppe": He He, erklärt das den anderen Lichtmagiern, lauft lieber gleich zur dunklen Seite über!
Na Crùl"

Zum Ende des Briefes hin las Hiranhên immer langsamer und ungläubiger. In ihr stieg eine Wut hoch, die sie jedoch unterdrücken konnte, als sie in die Gesichter ihrer Gefährten blickte. Diese waren genauso fassungslos wie sie selber.
Plötzlich leuchteten der Dolch von Xantcha, Bohumils Amulett, Ragnars Axt und der Magierstab von Orgim - eben jene Gegenstände, die sie im Keller der Burg Herzog Heinrichs gefunden hatten - schwarz auf. Der Bogen von Hiranhên hingegen erstrahlte in einem fast goldenen Gelb.
Ein kurzes Schwiegen trat ein und jeder sah den anderen fassungslos an.
Hiranhên fing sich als erste wieder: "Gehen wir zurück zu den Pferden."
"Schöne Scheiße..." murmelte Bohumil und Xantcha versuchte verzweifelt, ein optimistisches Gesicht aufzusetzen.
Die Gruppe setze sich in Bewegung. Bohumil schien immer noch in Gedanken versunken zu sein. "Vielleicht waren die Lichtmagier ja auch ... 'böse'! ... Die anderen sahen ihn verwirrt an, doch er fuhr unbeeindruckt fort, als führte er ein Selbstgespräch: "In dem Pergament, das wir gefunden haben, stand ja auch, dass das Dunkle für Ordnung steht, während Licht Chaos bedeutet... Und ich bin eigentlich ein ordnungsliebender Mensch, würde mich aber nicht als böse bezeichnen... - Hiranhên und Orgim wissen sicher, was ich meine." Er hob den Kopf und blickt die anderen an. "Wir sollten uns die Position der dunklen Magier anhören!"
"Und wo finden wir diese Herren?" erkundigte sich Hiranhên wenig begeistert.
Bohumil blickt zu dem dunklen Magier in ihrer Runde. "Orgim wüsste wohl, wo sie anzutreffen sind... - Auch wenn er selber ein Mörder ist..." Den letzten Satz hatte nur Hiranhên verstanden, die direkt neben ihm stand und Xantcha, die ein gutes Gehör besaß.
"Wir sollten nun erst einmal zu Katan und den Pferden zurück gehen!" lenkte die Elfe das Thema auf etwas anderes, nämlich auf ihren Aufbruch. Die Diebin stimmte ihr zu, während Ragnar den Wunsch äußerte, die toten Magier zu durchsuchen.
Plötzlich kamen von oben her helle Lichtstrahlen, die direkt auf diese schienen. Die Körper der Magier schienen sich aufzulösen oder vielmehr zu verblassen und stiegen in den Lichtstrahlen gen Himmel auf.
'Granas holt seine wackeren Streiter zu sich...' dachte Hiranhên und beobachtete fasziniert das Schauspiel. Dabei plagten sie Schuldgefühle, da sie das sinnlose Töten dieser Herren nicht verhindert hatte.
"Seht mal!" meinte Chiara und deutete auf ein Amulett, das auf dem Boden zurück geblieben war. Ragnar griff nach dem Amulett und gab es an Bohumil weiter, damit dieser es untersuchen konnte. Während der Magier interessiert das Objekt betrachtete, half Chiara Ragnar aus seiner Brünne und verarztete seine Wunden so gut es ging.
Bohumil, der schnell gehen wollte, heilte kurzerhand den Kämpfer, damit sie schnell aufbrechen konnten. Doch er hatte nicht mit Hiranhên gerechnet, die - neugierig wie sie war - vorsichtig eine der Türen an der Seite des Saales um einen Spalt geöffnet hatte.
Als ihr gleißendes Licht entgegen schien, schloss sie die Tür eilig wieder. Doch das Licht verschwand nicht, sondern war plötzlich neben ihr und hatte ungefähr die Gestalt eines Mannes.
"Oh nein!" stöhnte die Elfe und war im nächsten Augenblick erbost über sich selber.
"Gehen wir doch einfach mal zum Portal!" schlug Xantcha vor und ging auch schon los. Sie hielt die Lichtquelle für ungefährlich. Ganz im Gegensatz zu Ragnar, der seine Axt zog und schoss. Eine Scheibe zerteilte das Licht und im nächsten Augenblick lag ein zweigeteilter nackter Mann vor Hiranhên auf dem Boden. Sie wandte den Blick ab.
"Jawoll! Der nächste Tote!" Bohumil sah Ragnar böse an.
Xantcha hatte sich inzwischen doch an der Elfe vorbei geschlängelt und sah sich in dem Raum um, aus dem der Mann gekommen war. Offenbar handelte es sich um seinen Schlafraum, denn neben einem Bett fand sie dort Unterwäsche sowie eine blaue Magier-Robe.
Sie warf einen Blick auf die Bettdecke und rollte sie schließlich zusammen, um sie mitzunehmen. Hiranhên sah sie mit schiefgelegtem Kopf an, doch Xantcha grinste nur und trat wieder in den Saal.

Es fiel Hiranhên nicht schwer, ihre Neugier in Bezug auf die zweite Tür in diesem Saal zu zügeln und so konnten sie dann zurück zum Portal gehen.

In dem Kellerraum angekommen, bemerkten sie allerdings zu ihrem Entsetzen, dass es gar kein Portal mehr gab und lediglich einige Steinstufen zu einem Podest hinauf führten.
"Und nun?" fragte Xantcha an die anwesenden Magier gewandt, doch diese wussten keine Antwort und standen nur unschlüssig herum. Aller Augen richteten sich nun auf Hiranhên, die ein ebenso ratloses Gesicht zur Schau trug wie die anderen.
Irgend etwas wie "mal schauen" murmelnd trat Bohumil die Stufen hinauf und plötzlich erschien der magische Durchgang wieder. Überrascht blieb der Magier stehen.
Ein überraschtes "Oh!" entfuhr der Elfe.
"Das war ja einfach."
Sie traten durch die Pforte und kamen tatsächlich wieder in der Höhle, in der sie Katan und Casali mit den Pferden zurückgelassen hatten, heraus.
Die Waldläuferin sprang auf und sah sie fragend an. "U-und?"
In knappen Worten berichteten Xantcha und Chiara, was sie gefunden und erlebt hatten, während Hiranhên zu ihrem Pferd ging. Narumîr rieb seinen Kopf an ihrer Schulter und schnaubte leise. "Alles in Ordnung, ich bin wieder da..." murmelte die Elfe.

Nachdem sie sich kurz gestärkt hatten, wollten sie sogleich weiter ziehen, doch als Katan ihr Pferd in Richtung des Ausgangs der Höhle lenkte, rief Bohumil: "Warte!"
Erstaunt blieb die Waldläuferin stehen.
"Wir sollten durch die Burg gehen."
"Durch die Burg?" Xantcha sah ihn erstaunt an.
"Nun, sie ist doch jetzt ... ungefährlich ... sozusagen 'frei'. Es ist doch viel einfacher als nun mühsam einen Pfad den Berg hinauf zu finden."
"Er hat Recht. Von der Burg führt ein breiter Weg fort, dem man nur folgen braucht", stimmte Chiara zu.
"Aber ... ich bin nicht gewillt, die Pferde hier zurück zu lassen!" widersprach Hiranhên und griff, um ihre Worte zu bestärken, nach den Zügeln von ihrem Hengst.
"Dann nehmen wir sie eben mit." Bohumils Tonfall nach zu urteilen, schien das selbstverständlich zu sein.
"A-aber i-ihr s-sagt-tet d-doch, d-dass es d-dort v-v-viele Tr-trep-pen gi-gibt."
"Nun, dann levitiere ich sie eben, dann fliegen sie die Treppen hinauf."
Katan und Hiranhên sahen Bohumil entgeistert an. Er wollte ihre Pferde verzaubern?!
"Nein!" sagten sie wie aus einem Mund.
"Das klingt lustig!" bemerkte Ragnar grinsend, was ihm sofort einen erbosten Blick der Elfe einbrachte.
"Ihr wollt", Hiranhên sah sich kurz um, "sieben Pferde schweben lassen? - Meint Ihr nicht, dass das ermüdend sein könnte?"
"Ach, wir haben doch genügend Zeit. Bis heute Abend sind wir fertig."
"Ga-ganz toll", grummelte Katan.
"Ich denke mal, wenn du den Pferden gut zuredest, dann machen die das schon..." schaltete sich Xantcha ein, die gerade ihre neu erworbene Decke am Sattel ihres Ponies verschnürte.
"Ja, eben!" stimmte ihr Bohumil zu.
Sie diskutierten noch eine Weile, doch am Ende hatten Katan und Hiranhên missmutig der Idee des Magiers zugestimmt und Hiranhên führte ihr Pferd als erstes auf das Portal zu. Der Hengst weigerte sich zunächst, weiter zu gehen, doch nachdem die Elfe einige beruhigende elfische Worte gemurmelt hatte, setzte er sich langsam und immer noch skeptisch in Bewegung. "Führt die anderen gleich hinterher!" rief Hiranhên noch über die Schulter.
Ragnars Schlachtross sowie Orgims Rappe ließen sich ohne Probleme führen. Erst Xantchas Pony machte wieder Probleme, doch als Katan kurzerhand ihr eigenes Pony neben das der Diebin führte und nach dessen Zügeln griff, ließ es sich doch weiterführen.
Bohumil hatte ebenfalls einige Probleme mit seinem Pferd, das sich partout weigerte, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. Doch Chiara, die als letzte kam, klatschte dem Wallach kurzerhand mit der flachen Hand auf den Hintern. "Los, geh schon!" Bohumil strauchelte etwas, als er plötzlich keinen Widerstand mehr an den Zügeln hatte, in die er sich fast hinein gehängt hatte, um sein Pferd die kurze Treppe hoch zu zerren.
Auf der anderen Seite des Portals wartete schon der Rest der Gruppe auf sie.

Es dauerte den gesamten restlichen Tag, bis alle Pferde schließlich wohlbehalten in der Eingangshalle der Burg standen. Hiranhên und Katan hatten alle Hände voll zu tun gehabt, die Tiere entweder zu beruhigen oder sie überhaupt dazu zu bringen, sich zu bewegen. Und auch Bohumil sah erschöpft aus, als er schließlich hinter dem letzten Pferd in den großen Raum trat.
"Wir sollten die Nacht hier verbringen und erst morgen weiter reiten", meinte Chiara und ihr Tonfall machte klar, dass sie eigentlich keine Widerrede duldete.
"Gute Idee, machen wir!" stimmte Ragnar zu.
Auch die anderen spürten, dass sie dringend Schlaf brauchten. Allerdings fühlten sie sich immer noch nicht wirklich sicher und so beschlossen sie, Wachen für die Nacht einzuteilen.
Xantcha beschloss, die Nacht in dem Bett zu verbringen, von wo sie schon die Decke mitgenommen hatte, während Hiranhên es vorzog, bei ihrem Pferd zu bleiben, was bedeutete, dass sie auf dem harten Steinboden der Eingangshalle liegen musste. Doch sie fühlte sich so müde, dass ihr das auch schon egal war.

Plötzlich, während Hiranhêns, die sie zusammen mit Ragnar erledigte, hörte die Elfe eine Stimme: 'W...Wo bin ich? Wieso ist alles so dunkel?' Erschrocken sah sie sich um, konnte jedoch niemanden entdecken. Da fiel ihr auf, dass ihr Bogen schwach in eben jenem goldgelb leuchtete, das er auch schon nach dem Tod der Lichtmagier angenommen hatte. Und da erkannte sie auch die Stimme: es war die Stimme von Kinjorn, dem Obersten der Lichtmagier. 'Was ist mit mir geschehen? Wer seid Ihr, die Ihr mich in Händen haltet?' Hiranhên warf einen Blick auf Ragnar, doch er schien die Stimme nicht zu hören, denn er hatte ihr immer noch den Rücken zugewandt. Also hörte sie die Stimme nur in ihrem Kopf.
'Kinjorn? Seid Ihr es?' fragte sie in Gedanken zurück.
'Ja, zumindest das, was von mir übrig ist... Wer seid Ihr?'
'Man nennt mich Hiranhên.'
'Wo bin ich?'
'Das weiß ich nicht... Aber ich höre Eure Stimme in meinem Kopf...'
'Anders wird es mir so schnell nicht möglich sein mit Euch zu kommunizieren...'
'Ihr seid... ich meine, ich sah Euch sterben...'
'Ja, ich ging auf das goldene Licht zu, doch etwas hielt mich zurück und so rief ich auf jede erdenkliche Weise um Hilfe, bis Ihr meine Gedanken aufgefangen habt.'
'Kann es sein, dass ... Ihr in meinem Bogen seid?'
Sie konnte selber nicht so ganz an die Erklärung glauben, doch irgendwie spürte sie, dass es so sein musste.
'Wie kommt Ihr darauf? Ist bei meinem Tode etwas geschehen?'
'Nunja... Außer dass eine Art Lichtstrahl zum Himmel aufstieg... ja: Ich bemerkte, dass mein Bogen auf einmal golden aufleuchtete, während die Waffen meiner Gefährten schwarz wurden. Ihr müsst wissen, es handelt sich um magische Waffen, die wir von unserem Auftraggeber, Herzog Heinrich erhielten... '
'Ja, ich spürte in meiner Umgebung viel magisches Potenzial... Und die Waffen Eurer Gefährten wurden schwarz? Das ist ein schlechtes Zeichen...'

Die Elfe horchte alarmiert auf. 'Wieso?'
'Eure Waffen scheinen sich nach den Taten ihrer Besitzer gewissen magischen Strömungen zuzuneigen... Ein goldenes Licht dürfte für Euch ebenso eindeutig idnetifizierbar sein, wie die schwarze Aura der Waffen Eurer Gefährten...'

Die Elfe hatte befürchtet, dass er so etwas sagen würde. 'Oje... Wird das einen Einfluss auf sie haben?'
'Das weiß ich nicht, nur dürften ihre Handlungen sie direkt auf die Seite des Dunkels bringen, ob sie wollen oder nicht...'
'Kann man das noch verhindern?'
Es keimte wieder ein wenig Hoffnung in ihr auf.
'Nunja, wie gesagt, die Waffen neigen sich den Taten ihrer Besitzer entsprechend der einen oder der anderen Seite zu... - Wobei ich noch andere magische Strömungen in diesem Bogen bemerkt habe, einige Elementarzauber scheinen hier bereits vorhanden zu sein.'
'Das ist wahr. Wenn ich einen Pfeil nehme und mich auf ein Element konzentriere, dann verwandelt sich der Pfeil in ein entsprechendes Geschoss...'
'Habt ihr das bereits getestet?'
'Ja, einmal... es war... nun... in Eurer Burg...' Das Thema war ihr sehr unangenehm, da sie immerhin mit dem Herrn - oder ehemaligen Herrn - dieser Burg sprach. Doch sie erzählte trotzdem weiter. 'Das Wasserwesen, das von dem Feuerpfeil getroffen wurde, verdampfte...'
'Ja, dann ist zumindest das Feuer bereits aktiviert worden... hmm... In euerem Bogen steckt viel Potenzial, nur muss ich erst herausfinden, wie man es ausnutzt... Ich muss mich jetzt ausruhen, diesen telepathischen Kontakt aufrechtzuerhalten ist sehr kräftezehrend für mich... Ruft mich, wenn Ihr mich braucht, doch rechnet nicht mit mir, bevor diese Nacht vorbei ist.'
'Gute Nacht... Schlaft gut... - Wenn man das noch so sagen kann...'

"Hiranhên?" vernahm sie plötzlich Ragnars Stimme. Erschrocken blickte sie in das fragende Gesicht des Kriegers.
"Äh... ja?"
"Was is'n los mit dir?"
"N-nichts... Ich ... war nur ... in Gedanken..."
"An was hast'n du gedacht?"
"An ..." Nun musste ihr schnell was einfallen! "An ... den letzten Tag und ... an unsere Aufgabe..."
"Achso." Er schien zufriedengestellt zu sein.
"Was wolltest du gleich wieder?"
Ragnar sah sie kurz mit gekrauster Stirn an. Dann schien es ihm wieder einzufallen. "Unsere Wache is doch bestimmt langsam vorbei, oder?"
Hiranhên hatte absolut keine Ahnung, wieviel Zeit vergangen war. "Mmh ... bestimmt... - Wecken wir Katan und Xantcha!"

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